ALMS 2002
Rinaldo Capello

Das gibt es nicht alle Tage: Beim sechsten Lauf der American Le Mans-Serie (ALMS) im kanadischen Trois-Rivières siegten die Audi Piloten Rinaldo Capello und Tom Kristensen, obwohl sie nur vom 20. Startplatz aus ins Rennen gegangen waren. Frank Biela/Emanuele Pirro und Johnny Herbert/Stefan Johansson komplettierten mit den Plätzen zwei und drei einen souveränen Audi Dreifachsieg.

Auf dem nur knapp 2,5 Kilometer langen, aber überaus anspruchsvollen Stadtkurs waren die Audi R8 eine Klasse für sich. In allen Trainingssitzungen und während der gesamten Renndistanz von drei Stunden lag einer der drei R8 an der Spitze des Feldes. Tom Kristensen benötigte in der Anfangsphase lediglich 25 Runden, sich von Startplatz 20 auf Position zwei hinter Emanuele Pirro nach vorne zu schieben. Und obwohl Johnny Herbert am Start von einem Konkurrenten getroffen wurde, die Heckpartie wechseln musste und ans Ende des Feldes zurückfiel, lag der Brite mit dem Vorjahres-R8 des Audi Kundenteams Champion Racing nach einem Renndrittel schon wieder unter den ersten Drei.

Herbert und Teamkollege Stefan Johansson hatten sogar die Chance, für den ersten Sieg eines Audi Kundenteams in der ALMS zu sorgen. Eine Stop-and-Go-Strafe kostete Johansson jedoch eine Runde und besiegelte damit den dritten Platz des Champion-Teams.

Den Sieg machten so die beiden Infineon Audi R8 des Teams Audi Sport North America unter sich aus. Lange Zeit sahen die Trainingsschnellsten Emanuele Pirro und Frank Biela wie die sicheren Sieger aus. In der Schlussphase des Rennens wählten die beiden Audi Teams jedoch unterschiedliche Strategien: Während Biela den letzten Tankstopp während des laufenden Rennens absolvierte, ohne neue Reifen aufzuziehen, profitierte Capello kurz darauf von einer Gelbphase, die er zu einem „Full Service“ mit Reifenwechsel nutzte. Mit den neuen Gummis fuhr Capello anschließend schnellere Rundenzeiten und siegte dank der glücklicheren Boxenstrategie.

Capellos Teampartner Tom Kristensen verteidigte mit seinem zweiten Saisonsieg die Führung in der Gesamtwertung der American Le Mans-Serie. Rinaldo Capello liegt jedoch nur zwei Punkte zurück.

Stimmen nach dem Rennen

Rinaldo Capello (Infineon Audi R8 #2):
„Für uns war das ein tolles Rennen. Natürlich hatten wir mit der letzten Gelbphase etwas Glück. Unsere Crew war in der Boxengasse clever. Sie hat genau im richtigen Moment entschieden, die Reifen zu wechseln. Das war der Schlüssel zum Erfolg. Nach dem Restart sah ich, dass Frank Probleme mit seinen Reifen hatte. Er musste vor Turn 1 so früh bremsen, dass ich ihn dort ganz leicht überholen konnte.“

Tom Kristensen (Infineon Audi R8 #2): „In der wenigen Trainingszeit, die uns zur Verfügung stand, haben wir uns eine gute Abstimmung erarbeitet. Weil die Strecke wenig Grip hatte, war es trotzdem ein schwieriges Rennen. Ich glaube, wir waren aber die meiste Zeit die Schnellsten. Dank der Strategie unseres Teams haben wir es gemeinsam geschafft, vom 20. Platz ganz nach vorne zu kommen. Ausschlaggeben für den Sieg war schließlich der Reifenwechsel während der letzten Gelbphase.“

Frank Biela (Infineon Audi R8 #1): „Das Ergebnis ist für uns nicht befriedigend. Wir hatten ein gutes Auto, leider haben wir uns selbst geschlagen. Mich unter ‚Grün’ an die Box zu holen, war nicht unbedingt die klügste Entscheidung. Eine Runde später haben wir dafür auch schon bezahlt, denn dann kam eine Gelbphase. Beim Restart hatte ich Pickup auf den Reifen, genau wie in Washington, als wir gegen Panoz verloren haben. Heute hat die Mannschaft des gelben Autos schlau reagiert. Sie hat unter ‚Gelb’ Reifen gewechselt, ohne dabei Zeit zu verlieren. Nach dem Restart war Dindo viel schneller, bis meine Reifen wieder sauber waren.“

Emanuele Pirro (Infineon Audi R8 #1): „Ich bin wirklich enttäuscht. In den letzten vier Rennen haben wir jeweils mit einem guten Vorsprung geführt, wegen gelber Flaggen oder anderer unglücklicher Umstände aber dreimal verloren. In dieser Serie hat der, der im Rennen auf Platz zwei liegt, bei Gelbphasen einen Vorteil. Als Führender verliert man grundsätzlich. Das zu akzeptieren, fällt schwer. Wir waren hier in allen Trainingssitzungen am schnellsten, haben geführt, das Rennen aber wieder wegen einer Gelbphase verloren. Das schmerzt.“

Johnny Herbert (ADT Champion Audi R8 #38): „Eigentlich ein gutes Rennen. Schade nur, dass mir am Start ein anderes Auto ins Heck gefahren ist. Trotzdem ist es mir gelungen, mich wieder auf den zweiten Platz nach vorne zu arbeiten und vorübergehend sogar zu führen. Dann hatte Stefan Pech, wir haben einen möglichen Sieg verloren. Wir sind immerhin noch Dritte geworden, auch das ist ein gutes Ergebnis. Schade, dass ausgerechnet Tom und Dindo gewonnen haben und die Punkte holten, die ich für die Meisterschaft benötigt hätte.“

Stefan Johansson (ADT Champion Audi R8 #38): „Es ist wirklich schade. Als ich das Auto von Johnny übernommen habe, gab es offenbar ein Missverständnis mit der Box, das mich ans Ende des Feldes zurückgeworfen hat. Als das Rennen wieder freigegeben wurde, gleich noch einmal, als die Box mir eine Runde zu früh gesagt hat, dass es wieder losgeht. Deshalb habe ich drei Autos überholt. Die habe ich zwar wieder vorbeigelassen, trotzdem bekam ich eine Stop-and-Go-Strafe.“

Ralf Jüttner, Technischer Direktor Team Audi Sport North America:
„Das war ein interessantes Rennen mit einem schönen Ausgang für uns. Nach einigen Führungswechseln gab es schließlich einen etwas glücklicheren Ausgang für unser Auto mit der Startnummer 2, das die letzte Gelbphase genutzt hat, um auch neue Reifen aufzuziehen. Beim Restart fiel dann wahrscheinlich die Entscheidung, weil Frank hinter dem Safety Car mit seinen alten Reifen zuviel Pickup aufgesammelt hat. Im Nachhinein würde ich möglicherweise dagegen plädieren, eines unserer Autos auf alten Reifen weiter fahren zu lassen, denn die schlechte Erfahrung mit Pickup machen wir nun schon zum zweiten Mal.“

Dr. Wolfgang Ullrich, Audi Sportchef:
„Eine wirklich tolle Leistung, vom 20. Startplatz das Rennen zu gewinnen. Glückwunsch an die Mannschaft. Tom und Dindo haben einen extrem guten Job gemacht, das Team hat die richtigen Entscheidungen getroffen und die Boxenstopps waren perfekt. Ein wenig Pech hatte unser Auto mit der Startnummer eins, vor allem bei der letzten Gelbphase. Sämtliche Entscheidungen müssen nun mal unverzüglich getroffen werden und sind dann auch nicht mehr rückgängig zu machen. Über die Entscheidung, bei Franks Auto die Reifen nicht zu wechseln, kann man im Nachhinein sicher diskutieren. Dennoch: Wir können bestimmt stolz sein, dieses Ergebnis erzielt zu haben.“

Ergebnisse


1. Capello/Kristensen (Infineon Audi R8) 166 Runden
2. Biela/Pirro (Infineon Audi R8) + 17,802 Sek.
3. Herbert/Johansson (Audi R8) 1 Rd. zur.
4. Herta/Auberlen (Panoz) 4 Rd. zur.
5. Pilgrim/Collins (Chevrolet) 11 Rd. zur.
6. Magnussen/Brabham (Panoz) 12 Rd. zur.
7. Fellows/O´Connell (Chevrolet) 13 Rd. zur.
8. Naspetti/Schiattarella (Ferrari) 14 Rd. zur.
9. Luhr/Maassen (Porsche) 15 Rd. zur.
10. Bernhard/Bergmeister (Porsche) 15 Rd. zur.