• Balance zwischen technischen Gegensätzen gefragt
  • Porsche-Kurven und Ford-Schikane am schwierigsten
  • Tempo 320 wird für Fans vor der Indianapolis-Kurve erlebbar
Le Mans 2008
Tom Kristensen und Allan McNish (rechts)

Der 13,629 Kilometer lange Kurs bei den 24 Stunden von Le Mans ist für jeden Fahrer etwas Besonderes. Die Mischung aus sonst öffentlichen Straßen und permanenter Rennstrecke, sehr langsamen Kurven und mehr als 70 Prozent Vollgastanteil, Tag und Nacht faszinieren Aktive wie Besucher gleichermaßen. Audi Pilot Allan McNish erklärt, warum.

Weshalb gilt Le Mans als einzigartige Strecke?
„Le Mans ist etwas ganz Besonderes für einen Fahrer, einen Hersteller und einen Zuschauer. Die Länge der Strecke und ihr hohes Durchschnittstempo machen sie einzigartig. Eine anspruchsvolle Balance zwischen aerodynamischem Abtrieb und Luftwiderstand ist gefragt. Aus fahrerischer Sicht geht es darum, einen aggressiven, aber kontrollierten Stil zu beherrschen.“

Die Strecke ist eine Mischung aus überwiegend temporären Teilen und Bestandteilen eines permanenten Kurses. Wie wirkt sich das aus?
„Man spürt aus zwei Gründen, dass es sich um eine Mischung aus permanenter Rennstrecke und normaler Straße handelt. Zum einen ändert sich die Bodenhaftung zwischen beiden Passagen. Zum anderen ist die öffentliche Straße von Vertiefungen geprägt, die entstehen, wenn sie das ganze Jahr über von Lastwagen befahren wird. Man muss sich dessen bewusst sein. Es ist kein Problem, aber man muss das Phänomen kennen.“

Ist die Strecke bei Nacht ganz anders als bei Tag?
„Ich finde, dass sich die Strecke nachts nicht sehr vom Tag unterscheidet. In beiden Fällen ist sie sehr schnell und anspruchsvoll. Im Vergleich empfinde ich Sebring nachts als schwieriger.“

Welche sind die schwierigsten Kurven der Strecke?
„Aus unterschiedlichen Gründen sind für die meisten Fahrer die Porsche-Kurven am schwierigsten, weil sie unglaublich schnell durchfahren werden. Die perfekte Linie ist auch sehr schmal. Macht man auch nur den geringsten Fehler, hat er gleich gravierende Konsequenzen. Aber auch die Ford-Schikane ist nicht leicht. Es ist eine langsame Kurve, aber man attackiert dort allzu gern. Vor allem am Ende einer Qualifying-Runde, wenn man schon dadurch viel Zeit verliert, dass man den Bremspunkt auch nur um einen Meter verfehlt.“

Aus welcher Perspektive würden Sie das Rennen als Zuschauer verfolgen?
„Wahrscheinlich würde ich es bei Eurosport zuhause am Fernseher verfolgen! Im Ernst: Wäre ich ein Zuschauer, dann ist das Schönste an Le Mans, dass man die Autos an so vielen verschiedenen Punkten erleben kann. Man ist nicht auf ein Gebiet beschränkt. Wer das Erlebnis von Tempo und echter Leistung spüren will, sollte sich den Eingang der Indianapolis-Kurve und die Passage hinunter nach Arnage ansehen. Hier kommen die Autos mit 320 km/h an, bremsen scharf in eine Linkskurve, geben kurz Gas, kommen dann mit 60 bis 70 km/h fast zum Stehen und beschleunigen wieder extrem. Das ist eine schwierige Stelle für einen Fahrer. Aber auch als Zuschauer bekommt man ein Gefühl für die Herausforderungen und das Tempo. Mit einem sehr guten Freund habe ich vereinbart, dass wir in fünf oder sechs Jahren, wenn die Fahrerkarriere wohl vorbei ist, mit unseren kleinen Söhnen nach Le Mans kommen, um die angenehmen Seiten als Zuschauer zu genießen. Auf eine kuriose Weise freue ich mich schon darauf, aber jetzt steht zunächst das 24-Stunden-Rennen bevor.“