ALMS 2001
Emanuele Pirro im #2 Infineon Audi R8

Das Rennen in Portland geht wohl als das bisher spannendste in die Geschichte der American Le Mans-Serie (ALMS) ein. Über die gesamte Renndistanz von 2:45 Stunden lieferte sich die Spitzengruppe einen packenden Schlagabtausch mit Führungswechseln beinahe im Rundentakt. Im Ziel mussten sich Frank Biela und Emanuele Pirro dem schnellsten Panoz mit nur gut drei Zehntelsekunden geschlagen geben. Johnny Herbert und Andy Wallace im Vorjahres Audi R8 des Champion-Teams komplettierten mit ihrem dritten Platz den Erfolg für Audi, Rinaldo Capello und Tom Kristensen erreichten nach Schaltschwierigkeiten an ihrem Auto noch Platz fünf.

Schon der Start auf dem Kurs im US-Bundesstaat Oregon hatte es in sich: Die Zuschauer entlang der Strecke hielten den Atem an, als sich Tom Kristensen in seinem Infineon Audi R8 an David Brabham vorbeischob und so in der ersten Kurve die Führung übernahm. Wenig später eroberte Panoz die Spitze zurück, und noch nach eineinhalb Stunden lagen zwischen den beiden Piloten weniger als zwei Sekunden.

Die Vorentscheidung fiel, als Kristensens Partner Rinaldo Capello 45 Minuten vor dem Ziel über Schaltprobleme an seinem Fahrzeug klagte und einen außerplanmäßigen Boxenstopp einlegen musste. Die Mannschaft von Audi Sport North America wechselte in Rekordzeit ein Schaltteil, doch die verlorenen Runden waren nicht mehr aufzuholen.

Gleichzeitig feierten Frank Biela und Emanuele Pirro ein furioses Comeback. Der Infineon Audi R8 des deutsch/italienischen Doppels litt an starkem Übersteuern und war bereits auf den fünften Platz zurückgefallen. Doch eine riesige Portion Kampfgeist und eine Safety-Car-Phase führten die Startnummer zwei wieder an die Spitze heran und brachten sogar noch einen überraschenden Sieg in Reichweite.

Mit dem zweiten Platz in Portland geht eine einmalige Siegesserie zu Ende: Audi hatte 14 Rennen in Folge gewonnen. Nach dieser Kostprobe auf die harte restliche Saison reist das Team Audi Sport North America jetzt zur nächsten Herausforderung: Am 19. August (Mosport) und nur eine Woche später in Mid-Ohio starten die nächsten beiden ALMS-Läufe.

Stimmen nach dem Rennen

Frank Biela (#2):
„Am Start musste ich mich gegen Johnny Herbert wehren, habe aber den dritten Platz verteidigt. Zu Beginn lief es noch ganz gut, aber nach der ersten Safety-Car-Phase ging gar nichts mehr: Ich hatte starkes Übersteuern und sammelte jede Menge Dreck von der Strecke auf. Ich dachte schon, die Sache wäre gelaufen. Umso mehr freue ich mich über unser Comeback und den zweiten Platz.“

Emanuele Pirro (#2): „Heute bin ich mit dem zweiten Platz glücklich. Wir hatten Übersteuern von der ersten Runde an, haben aber das ganze Rennen gekämpft. Ich habe alles versucht, um am Ende sogar noch den Sieg zu holen. Aber ich hatte einfach keine Möglichkeit mehr.“

Rinaldo Capello (#1): „Tom hat mir von den Schwierigkeiten mit der Schaltung schon bei der Übergabe des Autos berichtet. Nach einiger Zeit wurde es noch schlimmer, so dass wir einen zusätzlichen Boxenstopp machen und am Auto arbeiten mussten. Oft vollbringt unsere Mannschaft wahre Wunder, aber diesmal hatte sie keine Chance. Wir haben einfach zu viel Zeit verloren, aber wir werden zurückschlagen.“

Tom Kristensen (#1): „Der Start war toll. Respekt an David, der mir ein bisschen Platz ließ. Es war sehr eng, aber es war fair. Von da an attackierte er mich bei jeder Gelegenheit und konnte mich überholen. Trotzdem hatten wir beste Siegchancen, als ich nach dem Boxenstopp wieder vorne war. Dann blieben immer wieder einige Gänge stecken, besonders der dritte und vierte, was uns leider sehr viel Zeit kostete.“

Johnny Herbert (#38): „Die Zweikämpfe mit dem R8 von Frank Biela und Emanuele Pirro haben großen Spaß gemacht. Innerhalb des Teams lernen wir uns und das Auto immer besser kennen. Jeder Vorschlag von uns wird umgesetzt, und das Auto spricht sofort darauf an. Wir konnten den Speed an der Spitze mitgehen und von Fehlern profitieren, während wir selbst keinen einzigen gemacht haben.“

Andy Wallace (#38): „Die Schlussphase des Rennens war aufregend. Nach dem Restart war ich auf der Innenseite, während es außen gleich einige Male gekracht hat und sich der Panoz drehte. Bis dahin hatten wir tolle Zweikämpfe. Ich freue mich über die Fortschritte. Wir brauchen noch einige Kilometer mit dem Auto, dann werden wir noch besser sein.“

Dr. Wolfgang Ullrich, Audi Sportchef: „Zusammen mit Mosport im vergangenen Jahr war das heute sicher das spannendste Rennen der ALMS. Bis zur letzten Runde war alles offen, aber Panoz war in der Summe einfach ein bisschen besser. Die Truppe hat sich den Sieg nach so einer langen Durststrecke verdient. Wir wissen jetzt, wie schwer die restliche Saison wird - aber das motiviert uns höchstens noch zusätzlich.“

Reinhold Joest, Teamdirektor Audi Sport North America:
„Vor ein paar Tagen habe ich gelesen, dass Portland seine eigenen Gesetze hat: Noch nie hat der Tabellenführer hier gewonnen. Jetzt sind auch wir Opfer dieses Gesetzes geworden. Trotzdem war es ein schönes Wochenende: Die Zuschauer haben ein tolles Rennen erlebt, Panoz hat neue Motivation gewonnen - und wir bei Audi können auch bei einem zweiten und fünften Platz noch feiern.“

Das Rennergebnis

1. Magnussen/Brabham (Panoz) 131 Runden
2. Biela/Pirro (Infineon Audi R8) + 0,374 Sek.
3. Herbert/Wallace (Audi R8) + 15,589 Sek.
4. Graf/Lagorce (Panoz) + 21,758 Sek.
5. Capello/Kristensen (Infineon Audi R8) - 4 Runden
6. Duno/Graham/de Radigues (Reynard) - 8 Runden
7. Fellows/O’Connell (Chevrolet) - 9 Runden
8. Pilgrim/Collins (Chevrolet) - 9 Runden
9. Said/Stuck (BMW) - 10 Runden
10. Luhr/Maassen (Porsche) - 11 Runden