• Überzeugter Schotte mit Wohnsitz in Monaco
  • Sohn Finlay lässt ihn ruhiger werden
  • Nach drei Jahren in der Formel 1 wieder bei Audi
ALMS 2007
Allan McNish im Kilt

In der Ruhe liegt die Kraft? Für Allan McNish gilt dieses Sprichwort nicht. Der quirlige Schotte mit der Jockey-Figur (1,65 Meter, 58 Kilogramm) wird von einem permanenten Tatendrang getrieben. „Relaxen ist nicht mein Ding“, gesteht der Audi Werksfahrer. Am Strand von Monaco liegen? Zwei Stunden am Stück fernsehen? Ein Buch lesen? „No way – ich denke ständig daran, was als nächstes ansteht.“

Vor allem daran, wie er seinen Audi A4 DTM noch schneller machen kann. Wie sich der eigene Fahrstil auch nach mehr als 20 Jahren Motorsport noch verbessern lässt. Die Gedanken kreisen stets um das nächste Rennen, die nächste Testfahrt. Allan McNish ist Rennfahrer durch und durch, dem es schwer fällt, abzuschalten. Der aber weiß, dass er lernen muss, auch mal zu entspannen. „Sonst brenne ich irgendwann aus.“

Inzwischen ist Besserung in Sicht. Im Mai, kurz vor dem DTM-Rennen in Spa, wurde der sympathische Schotte Vater. Sohn Finlay hilft ihm seitdem beim Entschleunigen. Plötzlich dreht sich nicht mehr alles um den Rennfahrer und seine Frau Kelly. Auf einmal sind sie eine richtige Familie mit ganz neuen Prioritäten. Das beflügelt McNish offenbar. Oder ist es Zufall, dass sich seine Resultate in der DTM seitdem verbessert haben?

McNish ist ein stolzer Vater, der sich vor Finlays Geburts nicht wirklich vorstellen konnte, was es bedeutet, ein Kind zu haben. Wie sehr sich das Leben ändert, wenn man nicht mehr zu zweit, sondern zu dritt ist.

Dabei wirkt Allan McNish nicht nur wegen seiner Statur selbst oft noch wie ein liebenswertes Kind. Da kann es schon einmal vorkommen, dass er mit seinem Freund Johnny Herbert eine Wette startet, wer mehr Jaffa-Kekse auf einmal essen kann. Das Duell ging mit 6:12 verloren. „Weil Johnny einfach einen größeren Mund hat“, wie McNish mit dem ihm typischen trockenen Humor Wert auf die Ursache für die schmerzhafte Niederlage legt.

Süßigkeiten sind eine große Leidenschaft des DTM-Stars. Bei Stracciatella-Eis schmilzt er dahin. Und auch wenn man es ihm nicht ansieht, weil er seinen Körper im Fitness-Studio, beim Joggen oder Radfahren in Form hält, isst der Schotte sehr gerne. Im Gegensatz zu seiner Frau Kelly kocht er auch gerne, seit er als junger aufstrebender Rennfahrer mit 18 Jahren das Elternhaus verließ und sich im Süden Londons ein Appartement mietete. Weil das Geld nicht reichte, um regelmäßig Essen zu gehen, lernte er zwangsläufig Kochen. Noch heute kann er gut abschalten, wenn er am Herd steht und den Kochlöffel schwingt.

Dabei kann er es sich heute leisten, Essen zu gehen. In Monaco am liebsten im „La Saliere“, einem Italiener gleich um die Ecke. Seit vier Jahren sind Allan und Kelly McNish in Fontvielle zu Hause, jenem neuen Stadtteil von Monaco, in dem auch viele andere Rennfahrer wohnen. Die meisten Freunde der McNishs kommen aus der Szene. Mick Doohan, Johnny Herbert und David Coulthard zum Beispiel, in dessen Hotel der Audi Pilot das Fitnessstudio nutzt, und der in Schottland im selben Krankenhaus geboren wurde wie McNish. Wie klein die Welt in Schottland ist, zeigt auch die Tatsache, dass der Physiklehrer von Allan McNish einige Jahre zuvor der Mathematiklehrer von Formel 1-Teamchef Frank Williams war.

Obwohl er das Leben an der Côte d’Azur mit dem fast immer schönen Wetter genießt, ist Allan McNish überzeugter Schotte. Zu offiziellen Anlässen legt er regelmäßig den Familienkilt an – eine Prozedur, die 30 Minuten dauert und ihm Ende 2000 fast den ersten Meistertitel kostete, den er für Audi holte: Beim Finale der American Le Mans-Serie (ALMS) verrenkte er sich bei einem Fototermin im Kilt den Rücken. Nur unter Schmerzen konnte er das Rennen bestreiten.

Im Jahr darauf wurde Allan McNish Formel 1-Fahrer, womit sein großer Traum mit einiger Verspätung doch noch in Erfüllung ging. Nach drei Jahren kehrte er zu Audi zurück. Für ihn war es wie eine Heimkehr in eine Familie und für Audi die Rückkehr eines verlorenen Sohnes.