DTM 2003
Audi Junior Martin Tomczyk vor seinem Teamkollegen Peter Terting

Die DTM aus Sicht der Audi Junioren Peter Terting (19) und Martin Tomczyk (21). Heute: die Abstimmung von Fahrwerk und Aerodynamik.

Der Schritt hätte größer kaum sein können: vom VW Lupo mit 125 PS direkt in das Cockpit des 455 PS starken Abt-Audi TT-R – für Peter Terting, mit 19 Jahren jüngster DTM-Pilot aller Zeiten, eine große Chance, gleichzeitig aber auch eine gewaltige Aufgabe. Mit jedem Kilometer wächst das Vertrauen des „DTM-Lehrlings“ in den Abt-Audi TT-R des S line Audi Junior Teams. „Noch schwieriger ist es aber, ein DTM-Auto abzustimmen“, meint Terting. „Im Lupo-Cup bin ich zu den Rennen gekommen, habe mich reingesetzt und bin einfach gefahren. Man durfte am Auto nichts verändern. In der DTM ist es unglaublich, was für große Auswirkungen auf die Rundenzeit selbst kleinste Veränderungen am Auto haben. Es spielen unheimlich viele Dinge zusammen, da muss man sich erst einmal zurecht finden.“

Basis für den Erfolg im Rennen ist die Arbeit während der beiden 90-minütigen Tests am Freitag, beim freien Training am Samstag und schließlich im Warm-up am Sonntagmorgen. „Wir teilen uns die Arbeit im Team auf“, erklärt Tertings Teamkollege Martin Tomczyk. „Es ist gut, dass wir sechs Fahrer haben. Dadurch bekommen wir besonders viele Informationen, wie sich die Reifen mit verschiedenen Sturzwerten am Fahrwerk verhalten.“

Die Abstimmung eines DTM-Autos („Setup“) unterteilt sich in zwei Hauptbereiche: Fahrwerk und Aerodynamik. Letztere spielt in der Abstimmungsarbeit am Wochenende in der DTM keine so große Rolle wie in der Formel 1, darf aber trotzdem nicht unterschätzt werden. „Man kann den hinteren Flügel steiler oder flacher stellen“, erläutert Peter Terting. „Meistens fährt man im Zeittraining mit einem steileren Flügel, also mit mehr Abtrieb, als im Rennen. Grund: Wenn man im Rennen auf den Geraden zu langsam ist, kann der Gegner einen überholen. Mit einem flachen Flügel ist man zwar in den Kurven langsamer, aber der Gegner kann in der Kurve ja nicht einfach vorbeifahren. Generell wirkt sich die Flügeleinstellung in der DTM vor allem in den schnellen Kurven und beim Bremsen aus hohen Geschwindigkeiten aus.“

An der Vorderachse kann man je nach Rennstrecke mit oder ohne so genannten „Flaps“ fahren, kleinen Zusatzflügeln, deren Form während der Saison nicht geändert werden darf. Über die Fahrzeughöhe und damit den Winkel, wie die „Flaps“ im Fahrtwind stehen, lässt sich aber mit der aerodynamischen Balance des TT-R spielen.

„Flügeleinstellung und Höhe des Fahrzeugs sind die markanten Punkte bei der Abstimmung der Aerodynamik“, sagt Martin Tomczyk. „Beim Fahrwerk sind es Federn, Federrate, Stoßdämpfer, Spur, Sturz und die Stabilisatoren. Es gibt sehr viele Möglichkeiten. Aber wir haben natürlich eine Basis, mit der wir jeweils am Freitag anfangen.“

Während der Tests am Freitag wird in erster Linie für das Rennen gearbeitet, am Samstagmorgen steht das Setup für das Qualifying im Vordergrund. Der Unterschied zwischen Qualifying- und Renn-Setup ist schnell erklärt: „Im Qualifying brauche ich ein Auto, das genau eine Runde schnell ist und die Reifen in einer Runde optimal ausnutzt“, erläutert Martin Tomczyk. „Generell versucht man, das Renn-Setup für das Qualifying schneller zu machen, indem man zum Beispiel die Stabilisatoren weicher stellt und den Sturz erhöht. Im Rennen muss ich auf Langlebigkeit schauen. Wenn ich im Rennen ein Quali-Setup fahren würde, würden die Reifen vielleicht sechs Runden halten.“

„Im Qualifying muss das Auto einfach mega-schnell sein, sofort den Grip aufbauen“, ergänzt Peter Terting. „Im Rennen muss man mit denselben Reifen 15 oder 16 Runden fahren. Deshalb absolvieren wir im Training so genannte ‚Long-runs’. Man fährt 15 Runden, schaut, wie sich das Auto verändert. Wie heiß werden die Reifen? Wie hoch steigt der Luftdruck an? Wie lassen die Stoßdämpfer nach? Man muss zwei Einstellungen finden: eine konstante für das Rennen und eine fürs Qualifying, die nur sehr kurze Zeit funktioniert, aber dafür richtig schnell ist.“

Terting kann dabei auf die Erfahrung seiner routinierteren Teamkollegen zurückgreifen, die ihm aber nur bedingt weiter hilft. „Man kann die Abstimmung nicht einfach kopieren, weil jeder Fahrer seinen eigenen Fahrstil hat“, erklärt der Audi Junior. „Man kann sich nur grob orientieren. Ich gehe meistens in die Richtung von Mattias (Ekström) oder Karl (Wendlinger).“

Die Daten aus dem Vorjahr helfen Terting und Tomczyk dabei kaum. „Das passt nicht ganz, weil das Reglement uns eine neue Höhe des Heckflügels vorschreibt und wir eine neue Aerodynamik fahren“, meint Terting, der sich im Augenblick vor allem auf die Abstimmung für das Rennen konzentriert: „Die Feinarbeit fürs Qualifying ist noch schwieriger.“

Eine erste Indikation, ob sie am Freitag und am Samstag gut gearbeitet haben, erhalten die Audi Junioren im Warm-up am Sonntag, das vor allem einer Überprüfung des Setups dient – unter den am Renntag herrschenden Bedingungen. Klar ist: Beim schwierigen Thema Abstimmung ist Routine noch wichtiger als beim Fahren. Und die kommt nur mit der Zeit.