Seit 2015 setzt die zweite Generation des Audi R8 LMS Maßstäbe bei Leichtbau, Sicherheit und aerodynamischer Effizienz. Zur Saison 2019 können die Kunden von Audi Sport mit der Evolutions-Baustufe eine nochmals verbesserte Version erwerben. Im Vordergrund stand für den zweiten Modellzyklus ein Ziel: Der international erfolgreiche GT3-Rennwagen soll noch besser an die Bedürfnisse von Kundensport-Piloten angepasst sein.

Vier Bereiche haben sich die Ingenieure um Chefentwickler Armin Plietsch vorgenommen, um ihre Ziele zu erreichen: die Aerodynamik, die Bremsenkühlung, die Kupplung und das Getriebe. „Wir haben uns bewusst für maßvolle Modifikationen anstelle einer umfassenden Evolution entschieden“, sagt Chris Reinke, Leiter Audi Sport customer racing. „Das ist wirtschaftlich sinnvoll sowohl für Neukunden als auch für jene Teams, die die bisherigen Rennwagen problemlos mit allen Neuteilen nachrüsten können.“

An der Front stehen eine geänderte Karosserieform und ein neuer Splitter nicht nur für ein neues Gesicht, sondern für aerodynamische Verbesserungen. Während die Werte für Luftwiderstand und Abtrieb durch den Automobil-Weltverband FIA (Fédération Internationale de l’Automobile) vorgegeben sind, ermöglicht die neue Form einen konstanteren Abtrieb über verschiedene Bereiche hinweg. Unterschiedliche Fahrhöhen, die die Teams durch Fahrwerkseinstellungen erzielen, aber auch die Fahrzustände bei verschiedenen Geschwindigkeiten oder in Situationen wie dem Anbremsen von Kurven und beim Beschleunigen haben nun geringere Auswirkungen auf den Luftstrom. Somit ergibt sich eine höhere aerodynamische Stabilität, die insbesondere Gentleman-Rennfahrern ein stetigeres Fahrgefühl vermittelt. Audi Sport hat die neuen Bauteile im Anschluss an die CFD-Berechnungen im 50-Prozent-Windkanal erprobt und die Ergebnisse anschließend bei Tests validiert. Bereits frühzeitig sind neben Profis auch Amateur- und Gentleman-Piloten in die Erprobung eingebunden gewesen. Sie haben die Entwicklungsrichtung als einen spürbaren Fortschritt bestätigt.

Im Bereich der Bremsenkühlung zielten die Ingenieure ebenfalls auf eine höhere Konstanz ab. Eine verbesserte Luftführung zur Bremsanlage an den Hinterrädern und die effizientere Warmluftabfuhr aus den innenbelüfteten Scheibenbremsen verhindert, dass sich die Felgen im Rennbetrieb zu stark aufheizen. Durch den physikalischen Zusammenhang von Druck, Temperatur und Volumen verhelfen die Neuerungen zu konstanteren Reifendrücken. Dies ist ein weiterer Faktor, der die Konstanz des Rennwagens steigert. Eine optimierte Luftführung durch den vorderen Stoßfänger verbessert darüber hinaus die Bremsenkühlung an der Vorderachse.

In der Kraftübertragung hat Audi Sport die Dreischeiben-Rennkupplung optimiert. Ein Verschleißschutz für die Kupplungsfeder vergrößert das Revisionsintervall des hoch belasteten Bauteils um mehr als 50 Prozent. Auch der weitere Kraftfluss präsentiert sich noch haltbarer. Eine überarbeitete Verzahnung und verstärkte Lager erlauben längere Einsatzzeiten des sequenziellen Sechsganggetriebes. Ebenso ist es den Ingenieuren gelungen, den Einfluss verschleißender Differenziallamellen zu verringern. Durch den Einsatz einer weicheren Vorspannfeder kann der Verschleiß weitgehend kompensiert werden, sodass die Sperrwirkung selbst bei hoher Laufleistung nicht mehr nachlässt. Insbesondere bei 24-Stunden-Rennen wirken sich diese Vorteile aus, denn auch nach mehreren Tausend Kilometern Renndistanz am Stück bleibt die Fahrzeugbalance erhalten.

Während diese Neuerungen auf dem Automobilsalon in Paris im Oktober 2018 ihre Weltpremiere hatten, erhalten die Kunden ein in allen übrigen Bereichen bestens bewährtes Konzept. Das Chassis des Serienmodells und des direkt davon abgeleiteten Rennwagens entsteht seit September 2015 bei der Audi Sport GmbH in den Böllinger Höfen in derselben Anlage. Die Endmontage des Rennwagens erfolgt am Kundensport-Standort Biberach.

Eine Vorreiterrolle spielt die aktuelle Generation des Audi R8 LMS im Bereich der Sicherheit. Sie übertraf seit ihrem Erscheinen deutlich die Anforderungen des Reglements. So erfüllt der GT3-Sportwagen dank einer modifizierten Struktur des Vorderwagens und eines erstmals verwendeten Crashelements aus CFK (kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff) im Heck die Crashtest-Anforderungen für Le-Mans-Prototypen (LMP). Der aufwendige Audi Protection Seat PS 3 setzt mit seiner strukturellen Steifigkeit und seiner Adaptionsfähigkeit an verschiedene Körperstaturen Maßstäbe in der Sitztechnologie. Er ist fest mit dem Chassis verbunden, was die Steifigkeit erhöht. Ein schienengelagertes, verschiebbares Fußhebelwerk und eine in Höhe und Länge verstellbare Sicherheitslenksäule lassen sich vielseitig an den jeweiligen Fahrer anpassen. Audi Sport war mit der Bergeöffnung im Dach, wie sie von den DTM-Renntourenwagen bekannt ist, 2015 ein Pionier im GT3-Rennsport. Die Luke erlaubt es, den Helm des Fahrers nach einem Unfall wirbelsäulenschonend nach oben hin abzunehmen und ein Rettungskorsett (Kendrick Extrication Device) anzulegen.

Eine weitere Kompetenz von Audi ist der Leichtbau. Trotz des zusätzlichen Gewichts, das die genannten Innovationen mit sich bringen, fällt das Trockengewicht des Rennwagens deutlich niedriger aus als zuvor. Das im Vergleich zur ersten Generation des Audi R8 LMS reduzierte Homologationsgewicht ist auch im Langstreckentrimm mit Zusatzscheinwerfern und Klimaanlage für Helm und Sitz mühelos zu erreichen. Der intelligente Materialmix aus Aluminium im Audi Space Frame (ASF) in Verbindung mit dem strukturellen CFK-Mitteltunnel und der CFK-Rückwand sowie dem Stahl-Überrollkäfig macht allein das Chassis um rund 30 Kilogramm leichter als bei der ersten Generation – es wiegt seit 2015 nur noch 252 Kilogramm. Zugleich ist die Torsionssteifigkeit des tragenden Rahmens um 39 Prozent gestiegen.

Obwohl der Materialmix beim Rennwagen komplexer ist, hat Audi die Produktion von Serien- und Rennwagen noch enger vernetzt. In einer Fertigungsanlage in den Böllinger Höfen in Heilbronn stellt die Audi Sport GmbH beide Chassisvarianten im Verbund her. Zwar erhält der Rennwagen zum Beispiel angepasste Gussknoten aus Aluminium und einen Stahl-Überrollkäfig. Trotzdem bleibt das Rennsport-Chassis des R8 LMS bis zum Aufbau des Daches und der kathodischen Tauchlackierung (KTL), einer Art Grundierung, in den grundlegenden Produktionsprozess integriert. Erst anschließend werden in Heilbronn-Biberach die Rennwagen komplettiert.

Audi setzt beim R8 LMS dort auf Serienbauteile, wo sie im Rennsport technisch und wirtschaftlich sinnvoll sind. So entsteht der V10-Motor mit 5,2 Liter Hubraum und bis zu 430 kW (585 PS) Leistung im Rennsport auf dem gleichen Fertigungsband wie das Serienaggregat. Er bleibt nahezu unverändert und setzt mit einem Serviceintervall von 10.000 Kilometern und einem Revisionsintervall von 20.000 Kilometern Maßstäbe im Rennsport. Modifizierte oder vollständig neue Baugruppen setzen die Konstrukteure nur ein, wenn sie im Rennsport reglementbedingt notwendig sind oder wenn es die deutlich höheren Belastungen im Wettbewerb erfordern. So wird zum Beispiel das serienmäßige ASF-Chassis lediglich angepasst, während die neue Karosserie aus CFK besteht. Bei den Radaufhängungen sind reine Rennsport-Querlenker verbaut. Wie haltbar die Gesamtkonstruktion ist, beweist der Einsatz in Kundenhand. So haben im Langstrecken-Kundensport aktive Teams mit einzelnen Chassis des Audi R8 LMS innerhalb von weniger als drei Jahren über 75.000 Kilometer im Trainings- und Rennbetrieb absolviert.

Die hohe aerodynamische Effizienz des Rennwagens zeigt sich an einigen Vergleichszahlen. Dank des voll verkleideten Unterbodens und eines konzeptionell integrierten hinteren Diffusors konnten die Ingenieure das Heckflügelprofil um 25 Prozent gegenüber dem vorherigen Audi R8 LMS ultra verkleinern, doch der von der FIA festgelegte Maximalabtrieb wird weiterhin erreicht. In vielen Rennserien ist die Motorleistung des Audi R8 LMS auf wenig mehr als 367 kW (500 PS) begrenzt. Dennoch erreicht das Modell bessere Rundenzeiten als sein Vorgänger.

Als Allround-Rennwagen für den Kundensport hat sich der Audi R8 LMS weltweit bewährt. Er besteht auf Rennstrecken in allen Klimazonen, hat Titel in Saudi-Arabien ebenso wie in Zentraleuropa, Asien, Australien oder Neuseeland gewonnen. Bei Sprint-Wettbewerben rund um den Globus hat sich das Modell ebenso durchgesetzt wie bei 12-Stunden-Rennen in Malaysia oder Australien oder den 24-Stunden-Klassikern auf dem Nürburgring, in Spa, der GTD-Klasse in Daytona sowie in Dubai. Die langen Serviceintervalle ermöglichen einen wirtschaftlichen Betrieb, und dank seiner sportlichen Qualitäten und der ausgeprägten Sicherheit ist der Audi R8 LMS bei Profis wie Amateuren gleichermaßen beliebt.