• Starke Vorstellung der Le-Mans-Sieger beim ILMC-Finale in Zhuhai
  • Kontroverse Schlussphase kostet Audi den möglichen Sieg
  • Platz zwei und drei für das Audi Sport Team Joest
ILMC 2010

Mit einem tollen Saisonfinale der Sport-Prototypen in Zhuhai hat das Audi Sport Team Joest beim ersten Auftritt in China die Fans begeistert. Eine kontroverse Schlussphase brachte Audi jedoch um den eigentlich verdienten Sieg.

Während des gesamten 1000-Kilometer-Rennens lieferten sich Tom Kristensen/Allan McNish und Dindo Capello/Romain Dumas am Steuer der beiden Audi R15 TDI ein faszinierendes Duell mit den beiden Peugeot 908. Tom Kristensen und Allan McNish lagen eine Stunde vor Rennende klar in Führung, als der einzige Safety-Car-Einsatz ihren Vorsprung von über 30 auf 13,5 Sekunden schrumpfen ließ.

Anschließend erlebten die Zuschauer ein Sprintrennen, bei dem es auf jede Zehntelsekunde ankam. Umso überraschter war Tom Kristensen, als er unmittelbar vor dem letzten Tankstopp seines direkten Gegners Stéphane Sarrazin im Peugeot von dessen bereits drei Runden zurückliegenden Teamkollegen Sébastien Bourdais aufgehalten wurde. Das erlaubte es Sarrazin, nach dem letzten Tankstopp mit einer Sekunde Vorsprung vor Kristensen auf die Strecke zurückzukommen und das Rennen schließlich mit 4,8 Sekunden Vorsprung zu gewinnen.

Die chinesischen Fans wurden durch das umstrittene „Teamwork“ um einen echten Final-Shoot-Out gebracht. Aber auch so sahen sie die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der beiden Audi R15 TDI, die der Konkurrenz im Rennen bei schwülwarmen Wetter und Temperaturen von 26 Grad im Schatten ebenbürtig und zeitweise überlegen waren. Die Strategie, ab der zweiten Rennstunde bei jedem Boxenstopp die Reifen zu wechseln, erwies sich als richtig. Die Audi-Piloten konnten den Vorteil der frischeren Reifen immer wieder nutzen und die bei den Reifenwechseln an der Box verlorene Zeit jedes Mal aufholen. In der entscheidenden Phase des Rennens konnten sich Allan McNish und Tom Kristensen von den Verfolgern absetzen, ehe ihnen der Safety-Car-Einsatz eine Stunde vor Rennende einen Strich durch die Rechnung machte und sie sich knapp geschlagen mit Platz zwei begnügen mussten. Dindo Capello und Romain Dumas belegten Rang drei.

Das Finale des Intercontinental Cup war der letzte Einsatz des Audi R15 TDI in seiner aktuellen technischen Konfiguration. Ab 2011 gilt für Le-Mans-Prototypen ein neues Technisches Reglement, das ein „Down-Sizing“ bei den Motoren vorsieht. Das Nachfolgemodell R18 wird im Dezember vorgestellt.

Der Audi R15 TDI startete 2009 und 2010 bei insgesamt neun Rennen. Drei davon endeten siegreich. Seinen Platz in den Geschichtsbüchern hat der innovative Diesel-Sportwagen vor allem dank des Dreifachsieges bei den 24 Stunden von Le Mans 2010, dem schnellsten Le-Mans-Rennen aller Zeiten.

Entwickelt wurde der Audi R15 TDI unter anderem in Kooperation mit Bosch, einem bedeutenden und langjährigen Innovationspartner von Audi. Beide Unternehmen verfolgen mit ihrem Motorsport-Engagement ähnliche Ziele: die Entwicklung optimaler Lösungen für den Motorsport auf Basis von Großserientechnik. Gute Beispiele sind die Benzin-Direkteinspritzung und die Diesel-Einspritztechnik. 1989 brachten Bosch und Audi den weltweit ersten Dieselmotor mit Direkteinspritzung und Turboaufladung im Audi 100 TDI auf den Markt. Dieser technische Ansatz begründete die Erfolgsgeschichte des heutigen Diesels – in der Serie genauso wie im Motorsport.

Erstmals bei einem Rennen einer Le-Mans-Serie startete in Zhuhai auch der Audi R8 LMS. Marchy Lee, Alex Yoong und Mathew Marsh vom Team KK Performance gelang der zwölfte Gesamtrang und der Sieg in der GTC-Klasse.

Nach dem Audi R15 TDI und dem Audi R8 LMS können die chinesischen Zuschauer in Kürze auch den Audi A4 DTM in Aktion erleben: Am 28. November findet das Finale der DTM auf einem Stadtkurs im Finanzzentrum von Schanghai statt.

Stimmen nach dem Rennen

Dr. Wolfgang Ullrich (Audi-Motorsportchef):
„Wir waren ganz dicht dran, das Rennen zu gewinnen. Leider kam in der Schlussphase ein Safety Car, durch das wir den Großteil unseres herausgefahrenen Vorsprungs wieder eingebüßt haben. Nach dem letzten Boxenstopp liefen wir dann auf den zweiten Peugeot auf, der im Kampf um den Sieg keine Rolle mehr spielte, Tom (Kristensen) aber trotzdem einige Runden aufgehalten hat. Dabei hat sich Tom auch die Reifen kaputt gemacht. Als er endlich vorbei war, hatte er keine Möglichkeit mehr, das Rennen zu gewinnen. Unserer Meinung nach war das keine besonders faire Aktion unseres Wettbewerbers, aber leider kommt so etwas im Motorsport vor. Uns war es wichtig, den chinesischen Zuschauern ein tolles Rennen zu bieten. Das ist uns gelungen. Um Herzen und Marktanteile zu erobern, muss man nicht um jeden Preis ein Rennen gewinnen. Nun freuen wir uns schon auf das DTM-Finale in Schanghai.“

Tom Kristensen (Audi R15 TDI #7): „Das Rennen in Zhuhai war eine große Herausforderung für das Audi Sport Team Joest. Der Start war komisch: Einer der beiden Peugeot war schon weg, ehe wir losfahren durften. Das war etwas seltsam. Wir mussten nach den beiden Regentagen mit der Abstimmung etwas raten. Trotzdem war das Auto ziemlich gut, auch wenn wir nicht zwei Stints mit einem Reifensatz fahren konnten. Ich hatte nach meinem zweiten Stint kaum noch Gummi auf den Reifen. Von da an haben wir jedes Mal die Reifen gewechselt. Allan (McNish) hat das brillant umgesetzt und uns wieder in den Kampf um den Sieg gebracht. Als ich wieder ins Auto kam, war es richtig gut. Leider hat das Safety Car unseren Vorsprung zerstört. Von da an war es echt hart. Hinter Bourdais habe ich gestaunt, wie sehr meine Aerodynamik gestört wurde. Ich hatte allerdings auch einen schleichenden Plattfuß vorne links. Als ich vier Runden vor dem Ziel endlich frei fahren konnte, war es mir nicht mehr möglich, die Zeit auf Sarrazin aufzuholen, die ich hinter dem Schwesterauto verloren habe. Es hätte ein tolles Finale eines weiteren großartigen Jahres sein können, wenn ich die Führung ich in Führung geblieben wäre und mit Sarrazin bis zur Zielflagge gekämpft hätte. So kam es etwas anders. Trotzdem war es das Ende einer großen Saison. Le Mans zu gewinnen, war für Audi fantastisch. Ich hoffe, wir können in Zukunft noch viele echte Duelle mit Peugeot haben.“

Allan McNish (Audi R15 TDI #7): „Das war ein wirklich spannendes Rennen. Nach den nassen Trainingssitzungen mussten unsere Ingenieure bei der Abstimmung etwas pokern – und sie haben richtig gepokert. Das Auto war ziemlich gut und wurde im Laufe des Rennens immer besser. Dindo (Capello) und Tom (Kristensen) konnten am Anfang gleich die Peugeot etwas aufmischen. Wir haben die Strategie geändert und ich bin in der Mitte des Rennens drei Stints mit jeweils frischen Reifen gefahren. Das hat für uns besser funktioniert. Am Ende hat Tom alles gegeben und wir lagen in Führung. Leider hat uns dann der andere Peugeot, der nichts mehr mit dem Ausgang des Rennens zu tun hatte, etwas blockiert. Das war frustrierend. Aber es ist wie es ist. Zuvor hat das Pace-Car unseren 30-Sekunden-Vorsprung zerstört. Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung des Teams, mit der des Autos, mit meiner und auch Toms. Es war nur etwas enttäuschend, dass das Rennende so überschattet wurde.“

Dindo Capello (Audi R15 TDI #8): „Die Anfangsphase war spannend. Doch unser Setup hat die Hinterreifen leider etwas zu stark beansprucht. Am Anfang sind wir zwei Stints mit einem Reifensatz gefahren. Im Nachhinein betrachtet war das ein Fehler, denn ich hatte nach meinem zweiten Stint kaum noch Gummi auf dem linken Hinterreifen. Deshalb haben wir anschließend jedes Mal die Reifen gewechselt. Abgesehen davon war das Auto recht gut, wenn auch etwas zu unbeständig. Es war schwer einzuschätzen. Für mich war es schön, erneut auf dem Podium zu stehen – so wie bei allen Rennen, die ich mit dem R15 TDI in diesem Jahr absolviert habe.“

Romain Dumas (Audi R15 TDI #8): „Dindo (Capello) war am Anfang toll unterwegs. Wir dachten, dass wir eine gute Chance haben würden. Leider haben wir nach dem Warm-up die Abstimmung des Autos geändert. Das Auto war mit frischen Reifen gut, mit gebrauchten Reifen im zweiten Teil der Stints jedoch nicht mehr. Es hat die Reifen zu sehr beansprucht, dadurch haben wir in jedem Stint etwas Zeit verloren. Wir waren nicht wirklich in der Lage, mit der Spitze zu kämpfen. Das Level war extrem hoch. Nur durch das Safety Car konnten wir am Ende wieder etwas Boden auf unser Schwesterauto gutmachen.“

Ralf Jüttner (Technischer Direktor Audi Sport Team Joest): „Das war ganz schön spannend – allerdings mit einem Ergebnis, das mir etwas die Laune vermiest. Fairerweise muss man sagen, dass ich bei Rennhälfte damit gerechnet hatte, dass wir hier ganz klar geschlagen werden. Ich kann nur ein Lob an die Fahrer und unsere beiden Crews aussprechen, die es immer wieder geschafft haben, uns ins Rennen zurückzubringen. Wir waren bei den Boxenstopps wieder deutlich schneller als Peugeot – das war auch notwendig, weil wir häufiger die Reifen gewechselt haben. Dass wir trotzdem so dicht dranbleiben konnten, ging nur, weil die Jungs unglaublich gut waren und die Fahrer die neuen Reifen wirklich gut genutzt haben. So kam berechtigte Hoffnung auf, das Rennen zu gewinnen. Am meisten wehgetan hat uns die Gelbphase. Die 30 Sekunden, die wir hatten, hätten uns gereicht. Dadurch waren es nur noch elf, das war einfach zu wenig. Dass der Bourdais danach Tom (Kristensen) vors Auto gefahren ist und ihn eingebremst hat, damit das andere Auto wieder vor ihm aus der Box rauskommt, war nicht so schön. Ich glaube nicht, dass wir so etwas machen würden. Für die Zuschauer war es trotzdem ein tolles Rennen.“

Ergebnis

1. Montagny/Sarrazin (Peugeot) 232 Rd. in 5:35.39,053 Std.
2. Kristensen/McNish (Audi R15 TDI) + 4,826 Sek.
3. Capello/Dumas (Audi R15 TDI) + 49,302 Sek.
4. Bourdais/Pagenaud (Peugeot) - 3 Rd.
5. Nicolet/da Rocha/Lafargue (Pescarolo-Judd) - 26 Rd.
6. Bergmeister/Long (Porsche) - 27 Rd.
7. Müller/Werner (BMW) - 30 Rd.
8. Lieb/Lietz (Porsche) - 30 Rd.
9. Zacchia/Zhang/Lee (FLM-Oreca) - 30 Rd.
10. Bruni/Vilander/Melo (Ferrari) - 31 Rd.
...
12. Lee/Yoong/Marsh (Audi R8 LMS) - 40 Rd.
17. Richard/Li (Audi R8 LMS) - 61 Rd.

Endstand LMP1-Herstellerwertung:
1. Peugeot 140 Punkte; 2. Audi, 101.