Das Beispiel von Jamie Green zeigt, wie knallhart die DTM ist: 2015, 2016 und 2017 war er jeweils bis kurz vor Saisonende einer der Titelkandidaten. Im vergangenen Jahr folgte dann der Absturz auf den letzten Tabellenrang.

„In 15 Jahren DTM war das meine erste Saison ohne ein Podium“, sagt Green. „Das zeigt, dass in der DTM immer alles möglich ist – ganz unabhängig davon, was man in der Vergangenheit erreicht hat. Mein Ziel für 2019 ist klar: Ich möchte Meister werden.“

Es ist nicht der Stil von Audi, einen seiner Fahrer nach einer schwierigen Saison fallen zu lassen. „Wir haben Jamie viel zu verdanken“, sagt Arno Zensen, Teamchef des Audi Sport Team Rosberg, für das Green bereits seine fünfte DTM-Saison in Angriff nimmt. „Er hat einen großen Anteil daran, dass wir 2017 die Meisterschaft gewonnen haben. 2018 war ein Ausrutscher. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir mit Jamie und René (Rast) die stärkste Fahrerkombination in der DTM haben.“

Insgesamt 16 DTM-Rennen hat Green bereits gewonnen. 2015 sicherte er sich die Vizemeisterschaft, 2016 und 2017 wurde er jeweils Dritter. „Dreimal in Folge in die Top Drei zu kommen, ist in der DTM keine Selbstverständlichkeit“, sagt der Brite, der mit der Startnummer 53 antritt, mit der schon sein Vater Rennen fuhr.

Besonders hart war für den Briten das Jahr 2017. Damals schien Green auf dem besten Weg, seinen großen Traum endlich zu verwirklichen. Auf dem Red Bull Ring in Spielberg fuhr er am vorletzten Rennwochenende der Saison einem sicheren Sieg entgegen, als er kurz vor Rennende plötzlich nicht mehr schalten konnte und in der Gesamtwertung infolge­dessen hinter seinen Teamkollegen René Rast und Mattias Ekström auf den dritten Platz zurückfiel. Obwohl er in Hockenheim eines der beiden Finalrennen gewann, musste er sich am Ende mit dem dritten Platz begnügen und zusehen, wie sich sein neuer Teamkollege René Rast im ersten Jahr auf Anhieb zum DTM-Champion krönen ließ. „Natürlich war das hart für mich. Doch René hat einen tollen Job gemacht und ich habe mich sehr für das Team Rosberg gefreut. Der Team-Titelgewinn war mehr als überfällig. Ich hoffe, dass meine Stunde auch noch schlägt, der DTM-Titel ist und bleibt mein großes Ziel.“

Mit seiner Frau Ginny und den drei Kindern lebte Jamie Green viele Jahre in Monte Carlo an der Côte d’Azur. In den Winter- und Sommerferien zog es die fünf Greens regelmäßig in die Heimat nach England. Dabei reifte der Plan, wieder nach England zurückzuziehen, was die Familie inzwischen in die Realität umgesetzt hat. „In Leicester genießen wir nun unseren großen Garten, den wir in Monaco leider nicht hatten.“ Für Green begann damit ein neuer Lebensabschnitt, denn das Leben in Großbritannien ist speziell im Winter anders als an der Côte d’Azur, wo er vor allem Radtouren mit Rennfahrerkollegen wie Paul Di Resta, Lucas di Grassi, Alex Wurz oder David Coulthard genoss. „Radfahren ist nach wie vor mein liebstes Training“, sagt Green. „Dazu gehe ich zweimal die Woche ins Fitnessstudio. Wenn ich unterwegs bin, jogge ich.“ Auch das Golfspielen hat Green auf der Insel für sich entdeckt. Und mit seinem ältesten Sohn Zachary fährt er gerne Kart.

Seine Motorsport-Laufbahn begann Green rund um seine Heimat Leicester. Nach den ersten Versuchen bei Stock-Car-Rennen folgte eine klassische Kart- und Formel-Karriere. Der Titel in der Formel 3 Euro Serie 2004 war schließlich das Sprungbrett zur DTM, in der er sich unter anderem mit vier Siegen auf dem Norisring einen Namen machte. Seit 2013 startet er für Audi und wird in der DTM-Mannschaft nicht nur wegen seiner Schnelligkeit, sondern auch wegen seines technischen Verständnisses geschätzt.

Im Motorsport ist Green inzwischen vielseitiger unterwegs. Konzentrierte er sich jahrelang ganz auf die DTM, bestritt er im vergangenen Jahr erste Rennen mit dem Audi R8 LMS im GT-Sport. Auch die Lizenz für die legendäre Nürburgring-Nordschleife nahm er mit dem Ziel in Angriff, irgendwann einmal das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring zu bestreiten. „Diese Rennstrecke ist die größte Herausforderung, die es im Motorsport gibt.“ Im Winter durfte er zudem den aktuellen Audi e-tron FE05 aus der Elektro-Rennserie Formel E testen. Der Fokus in der Saison 2019 liegt aber ganz klar darauf, in der DTM wieder auf die Siegerstraße zurückzukehren.

Auch von einem Sieg beim Heimspiel in Brands Hatch träumt er: „Der Grand-Prix-Kurs dort ist oldschool und ein Erfolg dort würde mir sehr viel bedeuten.“ Aber auch auf die DTM-Premiere in Assen freut er sich: „Ich habe dort schon viele tolle Motorradrennen gesehen und bin gespannt, ob Assen auch eine gute Autorennstrecke ist.“

Im Alltag schwört der Brite auf den Audi RS 6 Avant: „Ich liebe dieses Auto! Es ist komfortabel, praktisch, schnell. Mein Rennrad und meine Golfsachen passen in den Kofferraum. Und wenn ich einmal zu spät bin, kann ich mit dem RS 6 die Zeit wieder aufholen.“

Biografie

Jamie Green (GB)

Geburtsdatum: 14. Juni 1982
Geburtsort: Leicester (GB)
Wohnort: Leicester (GB)
Familienstand: verheiratet mit Ginny, eine Tochter (Georgiana), zwei Söhne (Zachary und William)
Größe/Gewicht: 1,78 m/67 kg
Motorsport seit: 1992 (Audi-Fahrer seit 2013)

Karriere

1992–1993 Stock-Car
1994–2000 Kart
2001 Britische Formel-Renault-Winterserie
2002 2. Platz Britische Formel-Renault-Meisterschaft
2003 2. Platz Britische Formel-3-Meisterschaft
2004 1. Platz Formel 3 Euro Serie
2005 6. Platz DTM
2006 5. Platz DTM
2007 4. Platz DTM, 2 Siege
2008 4. Platz DTM, 2 Siege
2009 7. Platz DTM, 1 Sieg
2010 6. Platz DTM, 1 Sieg
2011 5. Platz DTM, 1 Sieg
2012 3. Platz DTM, 1 Sieg
2013 11. Platz DTM (Audi RS 5 DTM)
2014 10. Platz DTM (Audi RS 5 DTM)
2015 2. Platz DTM (Audi RS 5 DTM), 4 Siege
2016 3. Platz DTM (Audi RS 5 DTM), 1 Sieg
2017 3. Platz DTM (Audi RS 5 DTM), 3 Siege
2018 18. Platz DTM (Audi RS 5 DTM)
2019 8. Platz DTM (Audi RS 5 DTM), 1 Sieg

www.jamiegreenracing.com
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