Stig Blomqvist, Audi Rallye-Weltmeister von 1984 im Sport quattro Rallye

Die Wurzeln der quattro-Technologie liegen im Winter 1976/77, als ein Team an Audi-Ingenieuren Testfahrten im tief verschneiten Schweden unternahm. Zu Vergleichszwecken fuhr ein Allrad-getriebener Iltis mit – der hochbeinige Militärgeländewagen erwies sich den viel stärkeren frontgetriebenen Prototypen als überlegen. Bei dieser Tour reifte die Erkenntnis, dass Audi auch bei leistungsstarken Personenwagen einen Allradantrieb sinnvoll einsetzen konnte – jedoch einen völlig neuartigen, der leicht, kompakt und effizient war und ohne schweres Verteilergetriebe und zweite Kardanwelle auskam.

Der Geniestreich, der all dies möglich machte, war die Hohlwelle – eine 263 Millimeter lange, hohl gebohrte Sekundärwelle im Getriebe, die die Kraft in zwei Richtungen leitete. Von ihrem hinteren Ende aus trieb sie das Gehäuse des Mittendifferenzials an, das als manuell sperrbares Kegelraddifferenzial aufgebaut war. Es sandte im Normalfall 50 Prozent der Kraft über die Kardanwelle an die Hinterachse, die über ein zweites Sperrdifferenzial verfügte. Die andere Hälfte der Momente gelangte über eine Abtriebswelle, die in der Sekundärwelle rotierte, zum Differenzial der Vorderachse. Der quattro-Antrieb war geboren.

Seit 1980: quattro-Technologien für die Längsmotoren

Die neue Technologie gab ihr Debüt auf dem Genfer Automobilsalon 1980 im Audi quattro, einem kantig gestylten Coupé, dessen Fünfzylinder-Turbomotor 147 kW (200 PS) abgab. Anfangs nur als Kleinserie geplant, blieb der Ur‑quattro mit zahlreichen Verfeinerungen bis 1991 im Programm. 1984 stellte ihm Audi den Sport quattro mit verkürztem Radstand zur Seite – mit seinen 225 kW (306 PS) war er damals ein exklusiver Hochleistungssportwagen.

1986 führte die Marke im Audi 80 die zweite Generation seiner quattro-Technologie ein – das Torsen-Differenzial (Torsen: torque sensing, Drehmoment-fühlend), das als Schneckenradgetriebe konzipiert war. Wenn eine Fahrzeugachse Traktion verlor, entstand in den schräg verzahnten Rädern des Differenzials Reibung, so dass sich bis zu 75 Prozent der Momente auf die andere Achse verschieben ließen.

Der nächste große Schritt für die Modelle mit längs eingebautem Frontmotor folgte 2005 im Audi RS 4: Das neue Planetenradgetriebe ermöglichte noch höhere Sperrwerte und verteilte die Kräfte bei normaler Fahrt im Verhältnis 40:60. Diese dritte Ausbaustufe des Mittendifferenzials hat seitdem weitere Entwicklungsschritte erlebt und ist noch heute im Programm.

Ab 1999: neue Entwicklungen auf allen Technikplattformen

Über die 40 Jahre hinweg hat Audi sein quattro-Modellprogramm immer weiter aufgefächert. Schon Anfang der 80er Jahre fiel die Entscheidung, den quattro-Antrieb flächendeckend anzubieten – die neuen Modelle trugen dazu bei, der Marke den Weg ins Premiumsegment zu bereiten. 1995 erschien der erste TDI mit permanentem Allradantrieb, vier Jahre später zog die Technologie in die kompakte Klasse ein: Der A3 und der neu erschienene TT erhielten die elektronisch geregelte und hydraulisch betätigte Lamellenkupplung.

2007 startete der Hochleistungssportwagen Audi R8 in seiner ersten Modellgeneration auf den Markt. Sein quattro-Antrieb war eine spezielle Entwicklung: Das Getriebe im Heck integrierte einen Nebenabtrieb, von dem aus eine Kardanwelle zu einer ungeregelten Viscokupplung an der Vorderachse lief. Sie zweigte je nach Fahrsituation 15 bis 30 Prozent der Momente für die vorderen Räder ab. 2008 folgte das Sportdifferenzial für die starken A- und Q-Modelle, das sein Debüt im Audi S4 gab. Und 2016 zog im neuen Audi A4 der quattro mit der hoch effizienten ultra-Technologie als jüngste Innovation in das Technik-Portfolio ein.