• Der Audi R18 e-tron quattro absolviert sein erstes Rennen
  • Noch sechs Wochen bis zu den 24 Stunden Le Mans 2012
  • Technologien aus dem Le-Mans-Sportwagen auch für die Serie relevant
WEC 2012

Mit dem Renndebüt des Audi R18 e-tron quattro an diesem Wochenende in Spa-Francorchamps beginnt bei Audi eine neue Zeitrechnung: Zum ersten Mal tritt ein Le-Mans-Sportwagen mit einem Diesel-Hybridantrieb und zwei angetriebenen Achsen an. Für Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich ist es das bislang vielleicht anspruchsvollste Projekt in der mehr als 30-jährigen Historie von Audi Sport.

Bereits mit der Benzin-Direkteinspritzung TFSI (erster Sieg 2001) und dem Dieselantrieb TDI (erster Sieg 2006) hat Audi Meilensteine in Le Mans gesetzt. Nun absolviert beim zweiten Lauf der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) in Spa der erste Diesel-Hybridsportwagen des Unternehmens sein erstes Rennen. Die Idee zum LMP mit Diesel-Hybrid und quattro-Antrieb entstand bei Audi Sport schon vor mehreren Jahren.



„Schon recht bald nach den ersten TDI-Erfolgen haben wir über die Hybridisierung eines Le-Mans-Sportprototyps nachgedacht“, verrät Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich. „Eine konkrete Chance dazu ergab sich, als absehbar war, dass das Reglement eine solche Möglichkeit eröffnet.“ 2008 kündigte der Le-Mans-Veranstalter ACO diesen Weg in die Zukunft an, seit 2009 erlaubt das Reglement explizit Energie-Rückgewinnung-Systeme für LMP1-Fahrzeuge. Wie komplex die damit verbundene Aufgabenstellung ist, kann daran abgelesen werden, dass Audi 2012 der erste Automobilhersteller ist, der ein solches LMP1-Fahrzeug in einem Rennen einsetzt.



Begonnen hat das Projekt bei Audi Sport wie üblich mit Konzeptstudien. „Selbstverständlich konnten wir einmal mehr von den Ressourcen der Technischen Entwicklung der AUDI AG profitieren, betont Dr. Ullrich. „Bereits bei den ersten Arbeiten waren wir intensiv mit den Kollegen in der Serie verknüpft. Dort entstehen Konzepte, die man für künftige Serienfahrzeuge untersucht. Man hat eine Lösung erarbeitet, eine Achse über Verbrennungsmotor anzutreiben und die andere über einen Elektromotor. Daraus definiert sich ein neuer quattro-Antrieb – der e-tron quattro. Diese Strategie verfolgen wir auch im Motorsport und sind damit wieder in der ersten Reihe. Nicht nur, weil wir in Spa die Ersten sein werden, die mit einem solchen Konzept in einem LMP-Rennwagen im Rennen antreten werden. Auch deshalb, weil von unserem System in Zukunft die Serienentwicklung ebenfalls profitieren kann.“



Für den R18 e-tron quattro hat Audi ein Konzept entwickelt, bei dem der V6-TDI-Motor die Hinterachse antreibt. An der Vorderachse wird Energie elektrisch rekuperiert und in einen Schwungradspeicher eingespeist, der sie beim Beschleunigen wieder an die Vorderräder abgeben kann. Vorder- und Hinterachsantrieb sind also nicht mechanisch miteinander verbunden. Die Interaktion wird vollständig über komplexe elektronische Systeme reguliert.



„Die Entscheidung für einen Schwungradspeicher entstand aus den rennsportspezifischen Anforderungen“, erklärt Dr. Ullrich. „Auch deshalb kommt bei unserem ultra-Leichtbau ein Batteriesystem aktuell nicht in Frage. Aber ich kann guten Gewissens sagen, dass das, was wir mit dem Schwungradspeicher erproben, auch für unsere Serienkollegen interessant ist. Die Kombination unterschiedlicher Systeme ist etwas, was in Zukunft in verschiedenen Anwendungen berücksichtigt werden muss.“



Basis für die ersten Versuche war ein Audi R8 GT. „Als wir mit dem Konzept für den R18 e-tron quattro in der Anfangsphase waren und möglichst rasch einen Versuchsträger auf die Beine stellen wollten, kamen wir auf die Idee, den R8 GT als Basis zu nehmen“, erläutert Dr. Ullrich. Es war recht effizient umsetzbar und wir konnten die späteren Original-Komponenten des R18 e-tron quattro komplett im Vorderwagen des R8 unterbringen. So entstand unser Versuchsträger für erste Abstimmungs- und Konzeptarbeiten.“



In der Entwicklungsphase bis zum fertigen Rennwagen stellte sich Audi ehrgeizige Ziele, um den R18 e-tron quattro mit der Unterstützung einzelner Partner eigenständig zu entwickeln. Audi Sport hat bereits viele große technologische Herausforderungen bewältigt – vom ersten Rennwagen der Marke aus Kohlefaser 1999 über die Benzin-Direkteinspritzung TFSI bis zum TDI-Projekt. Den Bau eines Sportprototyps mit einer konventionell angetriebenen Hinterachse und einer elektrifizierten Vorderachse ordnet Dr. Wolfgang Ullrich besonders hoch ein: „Wenn man sich die Zeitschiene für das Projekt seit Anfang 2010 anschaut, dann war der e-tron quattro mit sehr komplexen technischen Inhalten und sehr viel Neuland sicher eines der anspruchsvollsten Projekte, dass wir je hatten. Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, dass der R18 ultra als leichtester Sportwagen, den Audi Sport je gebaut hat, erst die Voraussetzungen für eine Hybridisierung geschaffen hat. Die Gesamtkomplexität dieses Projekts ist enorm hoch.“



Hinweis für Redaktionen: In einer Serie von sechs Folgen gibt Dr. Wolfgang Ullrich bis zu den 24 Stunden von Le Mans (16./17. Juni) wöchentlich einen persönlichen Einblick in die Entwicklung aller neuen Technologien im Audi R18 e-tron quattro und dem Audi R18 ultra.




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