ALMS 202
Der Start in Washington

60.000 Zuschauer im Herzen Washingtons erlebten eine begeisternde Premiere der American Le Mans-Serie (ALMS) in der US-Hauptstadt. Hauptdarsteller des 2:45 Stunden dauernden Thrillers waren einmal mehr die beiden Infineon Audi R8 des Teams Audi Sport North America sowie der schnellste Panoz von David Brabham und Jan Magnussen. Mit zahlreichen Führungswechseln und intensivem Lackaustausch blieb die Entscheidung bis zur letzten von insgesamt 140 Runden offen, bevor sich Tom Kristensen seinem Landsmann Magnussen im internen dänischen Duell geschlagen geben musste und mit einem minimalen Rückstand von 0,766 Sekunden als Zweiter über die Ziellinie fuhr.

Frank Biela und Emanuele Pirro, die von der Pole Position in den fünften Saisonlauf gestartet waren, komplettierten während des gesamten Rennens den Dreierpack an der Spitze und belegten im Ziel den dritten Rang. Immer wieder wechselte in dem engen Mauer- und Leitplankenkanal vor der Kulisse des Robert F. Kennedy-Stadions die Führung, der Abstand zwischen dem ersten und zweiten Platz betrug nie mehr als eine Sekunde. Überholmanöver im Zentimeterabstand und Konterangriffe nur eine Kurve später bescherten den Fans auf den Tribünen eines der packendsten Rennen des Jahres.

Die Verfolgung des erwartet starken Panoz teilten sich die beiden Infineon Audi R8 mit den Startnummern eins und zwei im fliegenden Wechsel: Erst hetzte Tom Kristensen seinen Gegner um den nur 2,673 Kilometer langen Kurs. Nachdem der Däne in der zweiten Rennstunde eine Stop-and-Go-Strafe antreten musste, die sich sein Partner Rinaldo Capello bei einer Kollision mit dem Champion Audi eingehandelt hatte, übernahm Emanuele Pirro die Verfolgung. In den letzten 45 Minuten war es dann wieder das rein dänische Duell, das Zuschauer und Teams gleichermaßen bis zur Zielflagge in Atem hielt.

Johnny Herbert und Stefan Johansson im Vorjahres Audi R8 des Champion-Teams erwischten ein unglückliches Rennwochenende. Weil sich Herbert im Zeittraining bei einem Unfall die Reifen beschädigte, musste das Team fürs Rennen vier neue Pneus aufziehen – nach dem ALMS-Reglement bedeutet das den letzten Startplatz. Zwar kämpfte sich Johansson nach dem Start bravourös durchs Feld und lag bereits nach wenigen Runden in den Top Ten. Nach zwei Drehern mussten sich Johnny Herbert und Stefan Johansson allerdings mit dem fünften Gesamtrang zufrieden geben.

Stimmen nach dem Rennen

Rinaldo Capello (Infineon Audi R8 #2):
„Als ich Toms Kampf um den Sieg beobachtet habe, musste ich auch an den Lauf vor zwei Jahren in Mosport denken, als das Rennen im Foto-Finish entschieden wurde – damals haben wir gewonnen, heute haben wir verloren. Wir haben ein fantastisches Rennen gesehen, in dem die Führung sehr oft gewechselt hat. Wir sind ‚nur’ Zweiter geworden, sollten aber nicht vergessen, dass das immer noch ein gutes Ergebnis ist.“

Tom Kristensen (Audi R8 #2): „Der große Sieger heute heißt Washington DC für die Organisation dieser tollen Veranstaltung für Fans und Fahrer. Bei meinem Boxenstopp haben wir entschieden, auf den alten Reifen weiter zu fahren. Aber danach haben die Reifen viel Gummi aufgesammelt und während der langsamen Runden auch ein bisschen Druck verloren. Deshalb konnte ich nicht mehr so hart angreifen, wie ich es eigentlich wollte. Als Jan hinter mir war, konnte ich im Rückspiegel fast seine Augen erkennen. Bei den vielen Mauern an dieser Strecke wollte ich kein zu großes Risiko eingehen und habe ihn überholen lassen.“

Frank Biela (Infineon Audi R8 #1): „Natürlich ist es schade, dass wir dieses Rennen nicht gewonnen haben. Aber die Panoz-Mannschaft hat einfach am ganzen Wochenende toll gearbeitet und den Sieg klar verdient. Der dritte Platz hilft uns leider nicht viel in der Meisterschaft, macht aber die zweite Saisonhälfte sehr interessant. Ich glaube, wir haben heute einen Vorgeschmack darauf bekommen, was wir in den nächsten Monaten noch erleben werden.“

Emanuele Pirro (Infineon Audi R8 #1): „Das war ein sehr hartes und unglückliches Rennen für uns. Während der Safety-Car-Phase wurde die Boxengasse genau in dem Moment geöffnet, als ich schon an der Einfahrt vorbei war. So konnte ich erst eine Runde später stoppen, habe dadurch viel Zeit verloren. Aber so ist das nun einmal im Motorsport – beim nächsten Rennen sind wir wieder vorne.“

Johnny Herbert (ADT Champion Audi R8 #38): „Nachdem ich gestern im Zeittraining einen Reifenschaden hatte, entwickelte sich das Wochenende äußerst unglücklich für uns: Wir mussten einen neuen Satz Reifen aufziehen und aus der Boxengasse starten. Stefan hat sich toll nach vorne gekämpft, aber nachdem ich das Cockpit übernommen hatte, fehlte wegen eines technischen Problems etwas Leistung. Deshalb bin ich kampflos auf dem vierten Platz geblieben – ich wollte einfach nur ins Ziel kommen.“

Stefan Johansson (ADT Champion Audi R8 #38): „Das war heute kein guter Tag für uns, denn wir haben uns viel mehr für dieses Rennen erhofft und auch ausgerechnet. Ich habe mich früh im Rennen gedreht, weil meine Bremsen nicht richtig funktionierten. Später hat mich Dindo berührt, so dass ich mich erneut drehte. Ich wollte auf keinen Fall eine Runde gegen ihn verlieren, er aber wollte natürlich so schnell wie möglich vorbei. Es war ein normaler Rennunfall, und es tut mir leid, dass er dafür eine Strafe bekommen hat.“

Ralf Jüttner, Technischer Direktor Team Audi Sport North America: „Wir hatten auf dieser Strecke ein enges Rennen erwartet, genau so ist es auch gekommen. Über die Stop-and-Go-Strafe, die Dindo und Tom bekommen haben, kann man sicherlich streiten. Außerdem hat die Rennleitung bei einer Gelbphase die Boxengasse zu spät geöffnet, so dass der führende Panoz und Emanuele vorbei gefahren sind und damit wieder hinter dem Safety Car waren. Insgesamt war das Rennen sehr abwechslungsreich, für uns jedoch mit einem etwas unglücklichen Ausgang.“

Dr. Wolfgang Ullrich, Audi Sportchef:
„Es war ein extrem spannendes Rennen, das für uns diesmal leider nicht so gut lief. Tom war zwar eine viertel Stunde vor Rennende neben dem führenden Panoz, aber Überholen war ganz einfach nicht mehr möglich. Panoz ist ein fehlerfreies Rennen gefahren, wir haben uns dagegen ein paar Schwächen erlaubt, und daher gibt es nur einen verdienten Sieger, und das ist Panoz. Wir haben ganz einfach zuviel Zeit verloren, als Dindo auf den Champion Audi aufgelaufen ist. Er hat dann mit Gewalt versucht, vorbei zu kommen, was dazu führte, dass beide Autos Dreher hatten. Dafür haben wir eine Stop-and-Go-Strafe bekommen. So kann man gegen Panoz kein Rennen gewinnen.

Das Rennergebnis

1. Magnussen/Brabham (Panoz) 140 Runden
2. Capello/Kristensen (Infineon Audi R8) + 0,766 Sek.
3. Biela/Pirro (Infineon Audi R8) + 8,701 Sek.
4. Tinseau/Angelelli (Cadillac) 1 Rd. zur.
5. Herbert/Johansson (Audi R8) 2 Rd. zur.
6. Herta/Auberlen (Panoz) 2 Rd. zur.
7. Dyson/Weaver (Riley & Scott) 7 Rd. zur.
8. Fellows/O’Connell (Chevrolet) 9 Rd. zur.
9. Pilgrim/Collins (Chevrolet) 10 Rd. zur.
10. Naspetti/Schiattarella (Ferrari) 11 Rd. zur.