Der neue Audi-Motorsportchef Dieter Gass über den Einstieg in die Rallycross-Weltmeisterschaft, den Fokus von Audi bei dem Engagement und was die DTM und andere Serien vom Rallycross lernen können.

Audi Sport engagiert sich 2017 in der DTM, der Formel E und der Rallycross-WM. Wie ordnen Sie das Rallycross-Programm bei Audi ein?
Rallycross ist für uns mit einem werksunterstützten Einsatz etwas komplett Neues. Auch wenn es sich um eine FIA-Weltmeisterschaft handelt, ist es unser kleinstes Programm. Und trotzdem hat es einen sehr hohen Stellenwert.

Warum hat sich Audi für die werkseitige Unterstützung von EKS entschieden?
Wir haben bei Audi das Projekt EKS von Beginn an interessiert beobachtet. Nach drei Jahren war der Zeitpunkt gekommen, an dem wir uns entscheiden mussten, ob wir Mattias Ekström gegen die immer stärker werdende Konkurrenz technisch unterstützen oder nicht. Der Gewinn der Fahrer- und der Team-Weltmeisterschaft war dabei eine zusätzliche Motivation einzusteigen. Ein wichtiger Faktor für uns ist aber auch, dass im Rallycross mittelfristig der Einsatz von Elektrofahrzeugen möglich sein könnte. Das Thema Elektrifizierung steht bei uns im Fokus.

Audi hat den Motorsport schon immer konsequent dazu genutzt, neue Technologien für den späteren Serieneinsatz zu erproben und weiterzuentwickeln. Ist das im Rallycross auch der Fall?
Das kann sein, wenn im Rallycross die Elektrifizierung eingeführt wird. Ob das tatsächlich geschieht und wann, steht derzeit noch nicht fest. Ich glaube nicht, dass das vor 2019 Realität wird. Aber wenn es dann in einem für Audi interessanten Format passiert, werden wir uns das anschauen.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung von Rallycross generell?
In den vergangenen Jahren hat Rallycross unglaublich an Popularität gewonnen. Man sieht das auch daran, dass wir nicht der einzige Hersteller sind, der sich engagiert. Es sind spektakuläre Veranstaltungen, die zuschauerfreundlich sind und Motorsport zum Anfassen bieten.

Was können die DTM und andere Serien vom Rallycross lernen?
Beim Rallycross gefallen mir besonders die Offenheit und die Atmosphäre. Es ist ein Format, bei dem man das ganze Wochenende durchgehend etwas geboten bekommt. Daran arbeiten wir in der DTM gerade und sind auf einem guten Weg.

Mit dem permanenten Allradantrieb quattro hat Audi 1980 einen Meilenstein der Automobilgeschichte realisiert. Mittlerweile sind mehr als acht Millionen Autos mit quattro-Antrieb vom Band gefahren. Wie kann diese Erfolgsgeschichte, auch durch das Engagement im Rallycross, weitergeschrieben werden?
Mit quattro im Rallycross führen wir die ursprüngliche Idee des Allradantriebs fort. Ohne Allrad braucht man im Rallycross gar nicht anzutreten, der quattro ist also optimal. Und vom Format ist ein Rallycross-Event für die Besucher viel interessanter als eine Rallye, wo man ein Auto an einer Stelle nur einmal vorbeifahren sieht. Beim Rallycross gibt es viel mehr Spektakel. Die Rennen sind kurz und knackig und der Zuschauer sieht sofort, wer gewonnen hat.

Welche Rolle spielt Audi Sport bei der Weiterentwicklung des Rallycross-S1?
Wir übernehmen die Entwicklungsarbeit vor allem in der Konzeptphase. Bei den Testfahrten und Renneinsätzen erhält EKS ebenfalls Unterstützung von uns. Die Einsätze wird das Team weiter selbstständig umsetzen.

Neben Audi sind auch andere Hersteller wie Ford, Peugeot und Volkswagen in der Rallycross-WM engagiert. Rechnen Sie daher mit einem sukzessiven Kostenanstieg, wie er in anderen Serien zu beobachten ist?
Das ist ein kritisches Thema, das man sorgsam beobachten muss. Derzeit ist die Rallycross-WM im Vergleich zu anderen Serien noch sehr preiswert. Sollte sich dies aber ändern, wird die Rallycross-WM in der jetzigen Form nicht lange bestehen. Am Anfang ist ein gewisser Kostenanstieg unvermeidlich, da durch die Hersteller-Einstiege die Professionalität steigt. Aber dann muss man sehen, dass man die Kosten im Griff behält.