Im Interview erläutert der Leiter von Audi Sport customer racing die Zukunft des GT-Programms der Marke.

Das Jahr 2015 steht im Zeichen des neuen Audi R8 LMS. Welche Erwartungen verbinden Sie mit „dem Neuen“?

Für Audi Sport customer racing und für die quattro GmbH wird 2015 besonders spannend. Der neue R8 LMS ist eng mit dem Serienmodell verzahnt, insofern folgen wir den Zyklen, die auch für das Serienprodukt gelten. Sechs Jahre lang haben wir mit dem bisherigen R8 LMS ultra ein für Audi im Rennsport völlig neues Geschäftsfeld aufgebaut und uns auf vier Kontinenten fest etabliert. Unsere Erfolge mit dem Rennwagen bei den Marktanteilen, aber auch in der sportlichen Bilanz setzen hohe Maßstäbe für den Nachfolger. Daran wird man unsere künftige Arbeit messen.

Ebenso wie das Serienmodell hat Audi auch den neuen R8 LMS im März auf dem Automobilsalon in Genf vorgestellt. Wie eng sind beide Modelle miteinander verwandt?

Wir arbeiten eng vernetzt zwischen verschiedenen Bereichen bei Audi und der quattro GmbH. Das hat große Vorteile. So konnten wir nicht nur frühzeitig mit der Entwicklung beginnen, sondern viele Lösungen finden, von denen beide Seiten profitieren. Ein Beispiel: Beim Karosseriedesign haben wir einen Anstoß gegeben, das Heck eckiger zu gestalten, was aerodynamisch günstiger ist. Etwa 50 Prozent der Teile des Rennwagens übernehmen wir vom Serienmodell. Auch bei der Fertigung des Audi Space Frame (ASF) in Multimaterialbauweise sind Motorsport- und Serienversion eng verzahnt. In den Böllinger Höfen absolvieren Renn- und Serienmodell viele Stationen gemeinsam. Erst nach der Kathodischen Tauchlackierung (KTL) trennen sich ihre Wege endgültig. Die Entwicklung unseres Rennwagens hat 2014 begonnen, bei Tests hat er bis zur Premiere in Genf bereits 40.000 Kilometer abgespult. Bei Renneinsätzen perfektionieren wir ihn in der Saison 2015 weiter, damit ihn die Kunden ab 2016 einsetzen können.

Ihr Kundenstamm ist stetig gewachsen. Seit 2009 sind bereits 136 Rennwagen gebaut worden – im GT3-Rennsport eine bemerkenswerte Zahl. Was hat diesen Erfolg ermöglicht?

Wir haben alles darangesetzt, den Audi R8 LMS als zuverlässigen und siegfähigen Rennwagen zu etablieren. 26 Meistertitel weltweit sind kein Zufall, sieben Gesamtsiege bei 24-Stunden-Rennen ebenso wenig. Doch ein gutes Auto allein genügt nicht, um sich am Markt durchzusetzen. Wir haben ein Netz von Satelliten in Japan, China, Australien und Nordamerika aufgebaut – Service-Center, mit denen wir unsere Kunden in den Regionen optimal betreuen und mit Teilen versorgen können. Ebenso entsenden wir unsere Kundensport-Berater zu weltweiten Einsätzen. Sie stehen den Teams mit Rat und Tat zur Seite. Ein weiterer wichtiger Pluspunkt: Bei allen Kunden sind Betriebskosten und Unterhalt des Rennwagens entscheidende Themen. Der Audi R8 LMS hat im Vergleich schon bisher sehr gut abgeschnitten. Auch der Nachfolger ist in diesem Bereich absolut wettbewerbsfähig.

Was unterscheidet den neuen Rennwagen von seinem Vorgänger?

Er kann einfach alles besser. Bei der Sicherheit stellen wir mit einer neuen hinteren Crashstruktur Eigenschaften auf dem Niveau von Le-Mans-Prototypen sicher. Hinzu kommen Lösungen wie die Dachluke zur Helmabnahme nach Unfällen. Diese Maßnahmen werden derzeit nicht vom Reglement verlangt. Beim Leichtbau demonstrieren wir mit dem Audi Space Frame (ASF) in Multimaterialbauweise unsere Kompetenz eindrucksvoll. Obwohl das Chassis 30 Kilogramm weniger wiegt, ist es steifer geworden: Unsere Ingenieure haben seine Torsionssteifigkeit um 39 Prozent verbessert. Auch bei der im Rennsport so wichtigen Aerodynamik ist uns ein großer Schritt gelungen. Obwohl das Reglement für 2016 engere Grenzen setzt, haben wir die Effizienz – also das Verhältnis von Abtrieb zu Luftwiderstand – deutlich verbessert. Damit sind wir gut vorbereitet, denn ab 2016 gilt, dass ein GT3-Rennwagen innerhalb von drei Kalenderjahren nur einmal weiterentwickelt werden darf.

Ihre Kunden dürfen sich also auf ein attraktives neues Modell freuen.

Selbstverständlich. Ein zuverlässiger Rennwagen ist heute umso wichtiger, weil das Wettbewerbsumfeld Jahr für Jahr härter und der GT3-Rennsport immer spannender wird. Als wir 2014 die 24 Stunden von Spa gewonnen haben, waren 61 Rennwagen von elf Marken in einer einzigen Kategorie am Start. Unsere Wettbewerber sind hellwach und arbeiten ebenfalls bereits intensiv an ihren Modellen für 2016. Wie beliebt der neue Audi R8 LMS ist, zeigen viele Kundenanfragen. Viele würden am liebsten schon 2015 mit unserem Rennwagen starten. Ende des Jahres ist es soweit und die Teams erhalten einen auf höchstem Niveau fertig entwickelten GT3-Rennwagen, mit dem sie 2016 auf Titeljagd gehen können.