ALMS 2000
Der Audi R8 im Kokodil-Design für Adelaide

Das „Race of a thousand years“, das Rennen des Jahrtausends, hat seinem Namen alle Ehre gemacht: Spektakuläre Rennszenen auf dem schwierigen Straßenkurs im australischen Adelaide und ein letztlich überlegener Sieg des Audi R8 im Krokodil-Design haben das Finale der American Le Mans-Serie (ALMS) vor rund 150.000 Zuschauern zu einem Höhepunkt der Saison gemacht. Nach turbulenten 5:45 Stunden siegten Rinaldo Capello und Allan McNish mit einem Vorsprung von 21 Runden. Der andere Audi R8 von Frank Biela und Emanuele Pirro belegte nach einem Unfall und der folgenden Aufholjagd den sechsten Platz in der Prototypen-Klasse.

Der Weg zum sechsten Saisonsieg des italienisch-schottischen Doppels war schwieriger als je zuvor und begann bereits mit dem ersten Schreck am Freitagnachmittag: Allan McNish klagte nach dem freien Training über starke Rückenschmerzen, musste ärztlich behandelt werden und am Samstag pausieren. Weil sogar ein Start des Schotten beim Rennen fraglich war, engagierte das Team Audi Sport North America den Australier Brad Jones vorsichtshalber als zusätzlichen Fahrer für den Audi R8 mit der Startnummer 77.

Der nächste Zwischenfall, ein Unfall in der letzten Runde des sonntäglichen Aufwärmtrainings, gefährdete sogar den Start des „Krokodils“. Das Team Audi Sport North America aber reparierte das stark beschädigte Auto in Rekordzeit und brachte es gerade noch rechtzeitig in die Startaufstellung.

Zudem überraschte Allan McNish die Fans am Nachmittag mit einem furiosen Comeback. Der Schotte biss die Zähne zusammen, startete das Rennen, fuhr die schnellste Rennrunde und übergab den Audi R8 nach 77 Runden klar in Führung liegend an seinen Teamkollegen Rinaldo Capello. Gemeinsam bauten Capello und McNish den Vorsprung später immer weiter aus und krönten ihre erfolgreiche Saison mit einem weiteren Sieg. McNish sicherte sich gleichzeitig den Fahrertitel in der American Le Mans-Serie. Für Brad Jones blieb es nach der Genesung McNishs bei einem freien Training im besten Sportwagen des Jahres.

Unvergesslich wird das Rennen „down under“, das erst um 22 Uhr am Silversterabend endete, auch für die Mannschaft des anderen Audi R8. Nach einem Unfall von Emanuele Pirro, der nach drei Stunden beim Überrunden langsamerer Fahrzeuge die Mauer touchierte, schien das Rennen für die Le Mans-Sieger Biela und Pirro gelaufen. Doch die Mannschaft um Teamdirektor Reinhold Joest gab auch dieses Mal nicht auf: Pirro fuhr das havarierte Fahrzeug an die Box zurück, die Crew wechselte in Rekordzeit Hinterwagen, Frontdiffusor und Vorderradaufhängung des 610 PS starken Sportwagens. Unter dem Jubel der Zuschauer fuhr Frank Biela zurück auf die Strecke und erkämpfte sich Platz sechs in der Prototypen-Klasse und damit weitere Meisterschaftspunkte.

Stimmen nach dem Rennen

Rinaldo Capello (#77):
„Noch heute morgen sah alles ziemlich schlecht aus: Wir wussten nicht, ob Allan fahren kann, und nach dem Unfall im Aufwärmtraining hatte ich große Angst, ob unser Auto überhaupt wieder rechtzeitig repariert wird. Aber glücklicherweise war das Monocoque heil, und wir konnten starten. Das Rennen vor dieser tollen Zuschauerkulisse war großartig und nur vergleichbar mit Le Mans.

Allan McNish (#77): „Dieses Wochenende in Adelaide hatte ich mir wirklich anders vorgestellt. Meine Rückenschmerzen haben mich ziemlich außer Gefecht gesetzt. Aber Dindo hat das Auto perfekt abgestimmt und es auch noch auf die Pole Position gestellt. Und mit der Hilfe unseres Arztes und des ganzen Teams haben wir noch gewonnen. Das hat gezeigt, dass sich diese fantastische Mannschaft selbst in aussichtslosen Situationen wieder ganz nach vorne kämpfen kann.“

Brad Jones (#77): „Dass ich heute morgen und gestern Nachmittag das Auto fahren durfte, war eine großartige Chance, über die ich sehr glücklich bin. Allan und Dindo haben tolle Arbeit geleistet, dieses Rennen zu gewinnen. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn ich auch im Rennen dabei gewesen wäre, aber es war von Anfang an klar, dass ich nur zum Einsatz komme, wenn es Allan zu schlecht gegangen wäre.“

Frank Biela (#78): „Ich hatte von Beginn des Rennens an starkes Untersteuern, später dann beim Überrunden Kontakt mit einem Porsche, und danach war die Spur nicht mehr in Ordnung. Das war aber nicht so tragisch. Das eigentliche Problem war das Untersteuern und natürlich die Tatsache, dass wir nach dem Unfall rund eine Stunde gestanden haben. Gegen Rennende im Dunkeln habe ich noch versucht, den Punkt für die schnellste Runde zu holen, hatte aber leider keine freie Runde.“

Emanuele Pirro (#78): „Ich habe von diesem Rennen viel erwartet und bin sehr enttäuscht. Für mich war es ein schwieriges Saisonende mit etwas Pech und ein paar Fehlern. Der Unfall geschah, als ich ein anderes Auto überrundete. Ich bin nach außen gedrängt worden, wo die Strecke sehr dreckig war, und in die Mauer gekracht. Zum Glück hat der andere Audi R8 gewonnen, das ist gut für das Team.“

Reinhold Joest, Teamdirektor Audi Sport North America: „Das war ein sehr aufregendes Wochenende. Ich bin froh, dass es für uns so gut zu Ende gegangen ist und unser Krokodil hier in Australien gewonnen hat. Ich glaube, von diesem Design wird man noch lange reden. Und das Rennen in Adelaide ist eine absolute Bereicherung für die Sportwagen-Szene.“

Dr. Wolfgang Ullrich, Audi Sportchef: „Vor diesem Rennen hat es sehr viele Vorzeichen gegeben, die alles andere als gut waren. Aber das Team hat mit Willen und guter Arbeit alles beseitigt, egal wo es hergekommen ist. Ich bin sehr glücklich, dass uns das gelungen ist. Dieses Silvester werde ich ganz bestimmt niemals vergessen.“

Ergebnis

1. Capello/McNish (Audi R8) 225 Rd.
2. Konrad/Slater/Heath (Lola-Ford) - 21 Rd.
3. Beretta/Wendlinger/Dupuy (Chrylser) - 23 Rd.
4. Belloc/Amorim (Chrysler) - 23 Rd.
5. Müller/Luhr (Porsche) - 26 Rd.
6. Wars/Graham/Menzel (Porsche) - 34 Rd.
7. Borcheller/Lazzaro (BMW) - 34 Rd.
8. Duno/Watson/Lintott (Chrylser) - 35 Rd.
9. Brabham/Murphy/Bright (Panoz) - 35 Rd.
10. Cunning./Auberlen/Jonsson (BMW) - 35 Rd.
...
16. Biela/Pirro (Audi R8) - 55 Rd.