Zwei komplett verschiedene Fahrzeugkonzepte, ein Resultat: Fahrspaß auf höchstem Level. Sowohl der R8 Coupé V10 GT RWD als auch der RS 3 performance edition bieten dank spezieller Modi die Möglichkeit zu driften. Während der V10-Motor im Hochleistungssportwagen R8 ausschließlich die Hinterräder antreibt, schickt der Fünfzylinder im kompakten RS 3 seine Kräfte dank quattro-Antrieb auf alle vier Räder. Wie beide in den richtigen Dreh kommen, erklären die Audi Sport Fahrwerkentwickler Meic Diessner und Roland Waschkau im Interview.

Was sind die grundlegenden Unterschiede im Antriebskonzept beider Fahrzeuge?

Meic Diessner: Im RS 3 performance edition kommt der quattro-Antrieb mit RS Torque Splitter zum Einsatz. Er regelt das Antriebsmoment aktiv, also abhängig von der jeweiligen Fahrsituation und dem gewählten Audi drive select-Modus. Die beiden Lamellenkupplungen des Torque Splitters verteilen die an der Hinterachse zur Verfügung stehende Antriebskraft von maximal 50 Prozent variabel zwischen den beiden Hinterrädern. Das Resultat ist ein agileres Fahrverhalten und eine gesteigerte Querdynamik. Dazu tragen – wie schon im Serienmodell – auch der an den Torque Splitter angepasste RS-spezifische Stabilisator mit höherer Federrate und die steiferen Radträger bei.

Roland Waschkau: Der R8 Coupé V10 GT RWD ist – wie das Kürzel RWD schon sagt – ein reiner Hecktriebler. Hier kommt ein speziell auf den Hinterradantrieb abgestimmtes Fahrwerkssetup zum Einsatz. Die Stabilisatoren an der Hinterachse sind weicher abgestimmt für mehr Grip auf der Rennstrecke. Da die Basis der R8 performance RWD ist, übernehmen wir hier auch den größeren Sturz an der Hinterachse im Vergleich zum R8 mit quattro-Antrieb. Das bringt genauso wie die üblicherweise in unserem Supersportwagen eingesetzte Quersperre Vorteile bei der Fahrdynamik.

Wie kommt der Drift im RS 3 performance edition und im R8 Coupé V10 GT RWD zustande?

Meic Diessner: Bei beiden Modellen wird das Driften grundsätzlich durch Schlupf an der Hinterachse erzeugt. Im RS 3 performance edition geschieht das, indem der Torque Splitter die nach hinten geleitete Antriebskraft komplett auf das kurvenäußere Rad überträgt. So wird ein stark übersteuerndes Fahrverhalten und damit der Drift erzeugt.Voraussetzung dafür ist, dass der Modus RS Torque Rear im Audi drive select ausgewählt und die elektronische Stabilisierungskontrolle (ESC) deaktiviert ist. Denn nur so entsteht größtmöglicher Schlupf.

Jede der beiden Kupplungen an der Hinterachse besitzt ein eigenes Steuergerät. Sie kommunizieren nicht nur miteinander, sondern werten auch die Daten der Raddrehzahlsensoren sowie die Längs- und Querbeschleunigung des Fahrzeugs aus. Aber auch Lenkwinkel, Gaspedalstellung und der gewählte Gang nehmen Einfluss auf die Ausprägung des Übersteuerns.

Roland Waschkau: Im R8 Coupé V10 GT RWD wird der Schlupf an der Hinterachse durch die Traktionskontrolle, also die Antriebsschlupfregelung (ASR), gesteuert. Sie ist Bestandteil der ESC. In der ASR sind sieben Kennlinien hinterlegt, die verschiedene Stufen an ESC-Unterstützung bieten. Dabei lässt Stufe 1 wenig Schlupf zu, Stufe 7 hingegen erlaubt viel Schlupf. Im Audi drive select gibt es hierfür einen neuen Modus, der wie im RS 3 performance edition Torque Rear heißt und ein kontrolliertes Übersteuern herbeiführt. Durch Drehen am Bediensatellit am Lenkrad lässt sich die gewünschte Torque Rear-Stufe einstellen. In Abhängigkeit davon und unter Einbeziehung der Informationen von Raddrehzahlsensoren, Lenkwinkel, Gaspedalstellung und gewähltem Gang dosiert das Motorsteuergerät die Antriebskräfte an der Hinterachse. Grundsätzlich sind die Einflussgrößen also identisch zum RS 3 performance edition, nur die stufenweise Einstellung der ESC-Unterstützung kommt dazu. Diese Funktion ermöglicht so auch eine schrittweise Anpassung an die wachsenden fahrerischen Fähigkeiten.

Heißt das in der Praxis, driften ist im R8 V10 GT RWD schwieriger?

Roland Waschkau: Sagen wir mal so: Die Herausforderungen beim Driften im R8 Coupé V10 GT RWD sind schlichtweg andere. Zwar ist der Sportwagen durch seinen Heckantrieb einfacher ins Übersteuern zu bringen, aber aufgrund seines Mittelmotorkonzepts anspruchsvoller im Drift zu halten, weil er sich schneller eindreht. Es erfordert die volle Aufmerksamkeit des Fahrers beziehungsweise der Fahrerin, das Driften zu kontrollieren. Wichtig: Man darf nicht zu viel Gas geben und muss gefühlvoll lenken.

Meic Diessner: Im Gegensatz zum R8 Coupé V10 GT RWD sind beim RS 3 performance edition die Vorderräder immer angetrieben. Das heißt, man muss erst mal Schlupf an der Vorderachse erzeugen, damit sich das Fahrzeug überhaupt eindreht. Das erreicht man, indem man mehr Gas gibt. Heißt also: Im direkten Vergleich mit dem R8 Coupé V10 GT RWD ist der RS 3 performance edition schwieriger ins Übersteuern zu bringen und zu positionieren, aber dafür einfacher im Drift zu halten.

Welche Zielsetzung lag den Drift-Modi zu Grunde?

Meic Diessner: Ganz einfach: Spaß zu haben! Wobei die ursprüngliche Intention beim RS Torque Splitter nicht der Drift-Modus war. Die großen Vorteile des Systems sind gesteigerte Agilität und weniger Untersteuern bei dynamischen Kurvenfahrten. Außerdem: mehr Stabilität, vor allem bei Nässe. Der RS Torque Rear-Modus ist quasi ein schöner Zusatz.

Roland Waschkau: Das gilt auch für den R8 Coupé V10 GT RWD. Grundsätzlich ergeben sich allein aus den unterschiedlichen Fahrzeugsegmenten verschiedene Prämissen in der Positionierung der Modelle: Der RS 3 performance edition bietet den Einstieg in die Welt von Audi Sport, der R8 Coupé V10 GT RWD dagegen ist das Topmodell – alltagstauglicher Kompaktsportler auf der einen Seite, Hochleistungssportwagen auf der anderen. Was beide eint, sind Dynamik und Fahrspaß auf höchstem Niveau.