Audi Hungaria setzt bei der Produktion von  E-Maschinen für die PPE neue Maßstäbe

Audi baut im ungarischen Győr, dem größten Antriebswerk der Welt, die E-Maschinen für die Premium Platform Electric (PPE). Zum Einsatz kommen die Antriebe zunächst in der Audi Q6 e-tron Baureihe, die in Ingolstadt produziert wird. Auf rund 15.000 Quadratmetern fertigt Győr die PPE-Antriebe inklusive Statoren und Getriebekomponenten und übernimmt auch die Achsmontage. Csaba Imre Benke, Leiter Produktsegment E-Antriebe in Győr und verantwortlich für die Produktion der PPE-Antriebe, erklärt im Interview, wie Audi mit der Fertigung der E-Maschinen für die PPE neue Maßstäbe setzt.

Von welchen Arbeitsumfängen sprechen wir bei der Produktion der PPE-Antriebe?

Csaba Imre Benke: Um die E-Maschinen für die PPE fertigen zu können, installierten die Vier Ringe drei neue Linien, die Fertigungslinie für Statoren hat 28, die Getriebefertigung 15 Arbeitsschritte. Allein für die Achsmontage sind mehr als 190 einzelne Montageschritte erforderlich.

Wie viele Mitarbeitende sind involviert und wie viele E-Maschinen werden in der Serie produziert?

Benke: Insgesamt sind rund 700 Mitarbeitende in die Fertigung der PPE-Antriebe involviert. In der Serienfertigung können wir in Győr pro Tag 2.000 E-Motoren im Drei-Schicht-Betrieb für die PPE bauen. Wir fertigen bei uns E-Antriebe für die PPE-Modelle von Audi und Porsche.

Welche Erfahrungen bringt das Werk in Győr für die Fertigung von E-Maschinen mit?

Benke: Natürlich mussten wir für die PPE eine Reihe von Arbeitsschritten an neuen Fertigungsstationen lernen. Rund 20 Tage je Mitarbeiter_in für Schulungen waren dafür nötig. Aber wir beginnen nicht bei null. Seit 2018 haben wir mehr als 500.000 E-Motoren gebaut. Diese Erfahrung kommt uns natürlich zugute. Vor allem, weil wir die Fertigungstiefe bei den E-Maschinen sukzessive erhöhen. Zurzeit fertigen wir Stator und Getriebe selbst, natürlich passiert die Achsmontage auch in Győr.

Was sind die wesentlichen Unterschiede bei der Fertigung der Antriebe für die PPE zu bisherigen E-Maschinen?

Benke: Was die Produktion betrifft, spielen wir mit dem Antrieb für die PPE in einer anderen Liga. Wegen der technischen Unterschiede sehen die Linien ganz anders aus. Bei der PPE sind allein 15 automatische Biegeautomaten für die dreidimensionale Hairpin-Wicklung und das anschließende Laserschweißen der Enden in zwei weiteren Anlagen im Einsatz. Pro Stator werden 140 Meter Kupferdraht verarbeitet. 235 Laserschweißvorgänge sind nötig. Da es grundsätzlich bei E-Antrieben im Vergleich zu Verbrennern weniger Verschraubungen gibt, aber mehr Pressumfänge, lassen sich mehr Roboter einsetzen. Grundsätzlich haben wir neben der zunehmenden Automatisierung das Ziel, bei künftigen E-Maschinen-Projekten die Fertigungstiefe weiter zu erhöhen. So war das Getriebe beim Audi e-tron noch ein Kaufteil. Bei der PPE fertigen wir es selbst.

Hinter der Elektrifizierung des Standorts stehen Menschen. Wie lange dauert die Qualifizierung der Mitarbeitenden für die PPE und welche Qualifizierungsgrade gibt es?

Benke: Auf der ersten Stufe sind es relativ einfache Grundschulungen über zwei Stunden für Mitarbeitende, die neben der Linie arbeiten. Hier unterscheidet sich die Tätigkeit nicht wesentlich von der, die beim Bau eines Verbrenners nötig ist. Ein Unterschied ist die Schulung „Hochvolt-Sensibilisierung“, die alle Mitarbeitenden absolvieren müssen. Die Schulungen für komplexere Tätigkeiten benötigen einen Arbeitstag. Die sogenannten Elektrofachkräfte für festgelegte Tätigkeiten werden mehrere Tage geschult. Die höchste Stufe bildet dann die verantwortliche Elektrofachkraft, deren Weiterbildung je nach Grundausbildung rund drei Monate beanspruchen kann. Dafür greifen wir überwiegend auf vorhandenes Personal aus der Verbrenner-Welt zurück. In Győr wurden seit 2022 rund 2.000 Mitarbeitende für die Elektrifizierung fortgebildet.


Kurzbiografie
Csaba Imre Benke ist Leiter Produktsegment E-Antriebe am Audi Standort in Győr und verantwortlich für die Produktion der elektrischen Antriebe für die PPE.

Wissenswertes zum PPE-Antrieb
Die wesentlichen Bestandteile der Premium Platform Electric (PPE) sind die Hochvoltbatterie und die elektrischen Antriebe. Die E-Antriebe+ für die PPE werden im Antriebswerk von Audi im ungarischen Győr gebaut. Wesentliches Entwicklungsziel war ein skalierbarer E-Antriebsbaukasten mit hoher Integration, Effizienz und Leistungsdichte.

Der komplett neu entwickelte Antriebsbaukasten besteht aus den drei Hauptkomponenten E-Maschine, Leistungselektronik (Pulswechselrichter) und Getriebe. Alle Komponenten zeichnen sich in Summe durch einen höheren Wirkungsgrad aus. Sie sind kompakter und skalierbar konstruiert.

So lässt sich über die Länge der E-Maschine das Drehmoment variieren. Das relevante Radmoment und die maximale Geschwindigkeit werden im Getriebe über die Paarung der Zahnräder beeinflusst. Die neu entwickelten E-Maschinen benötigen zudem rund 30 Prozent weniger Bauraum als die bisherigen Aggregate in den elektrisch angetriebenen Modellen von Audi. Außerdem konnte mit der neuen Bauweise das Gewicht um rund 20 Prozent reduziert werden.

Gesteigerte Effizienz
Ein wesentlicher Vorteil der neu entwickelten E-Maschinen ist deren Effizienz. Dazu tragen in erster Linie eine neue Hairpin-Wicklung im Stator, Siliziumkarbid-Halbleiter im Pulswechselrichter sowie ein Trockensumpf und eine elektrische Ölpumpe im Getriebe bei. Die neue Hairpin-Wicklung maximiert die Stromführung im Stator der E-Maschine. Diese Methode ermöglicht zudem höhere Windungszahlen: Der Füllfaktor beträgt nunmehr 60 statt 45 Prozent gegenüber den bisher eingesetzten konventionellen Wicklungen. Durch die Rotorölkühlung konnte Audi außerdem auf die Verwendung schwerer seltener Erden weitestgehend verzichten. In Summe sank die Verlustleistung der elektrischen Antriebe signifikant um rund 50 Prozent.

Erhöhte Leistungsdichte
Die erstmals verwendete direkte Kühlung der E-Maschinen mit Öl hält Bauteile wie Statorwicklung und Dauermagnete im Rotor im optimalen Temperaturbereich. Damit liegt die Leistung bezogen auf das Antriebsgewicht beim E-Antrieb der PPE um rund 60 Prozent über den E-Antrieben der ersten Generation.

Optimierte Akustik
Die neu entwickelten elektrischen Antriebe für die PPE zeichnen sich außerdem durch eine besonders leise und komfortable Akustik aus. An das Gehäuse angegossene Aggregatstützen, ein strukturoptimiertes Gehäuse, verbesserte Zahngeometrien und ein segmentiert gestaffelter E-Maschinen-Rotor tragen dazu bei.

Ausgebaute Fertigungstiefe
Ein weiterer wichtiger Faktor für die erfolgreiche Entwicklung der E-Antriebe für die PPE ist die deutlich ausgebaute Fertigungstiefe in Győr. Im größten Antriebswerk der Welt werden nicht nur E-Maschinen, sondern auch ein Großteil der Getriebe gefertigt.

Passgenaue E-Maschinen
Bei der Aktivierung der Launch Control kommt an der Vorderachse eine Asynchronmaschine (ASM) zum Einsatz. Die ASM besitzt keine Magnete, sie erzeugt ihr Magnetfeld durch Induktion und kann deshalb bei Bedarf ohne nennenswerte Schleppverluste frei drehen. An der Hinterachse verfügt die Q6 e-tron Baureihe ausschließlich über besonders kompakte permanentmagneterregte Synchronmaschinen (PSM).

800 Volt Architektur spart Bauraum und Gewicht
Die in der PPE eingesetzte 800-Volt-Technologie bietet nicht nur hohe Leistung und kurze Ladezeiten. Durch die höhere elektrische Spannung lassen sich bei der Verkabelung von Batterie und E-Maschine dünnere Leitungen verbauen. Das spart Bauraum, Gewicht und Rohstoffe. Ein weiterer Vorteil der 800 Volt-Technologie ist die geringere Verlustwärme und ein dadurch verminderter Kühlbedarf.