Dakar-Test Marokko, Oktober 2023

Die Zukunft ist elektrisch. Diese Devise hat Audi nicht nur für seine Produktentwicklung ausgegeben, sondern verwirklicht sie auch im Motorsport. Einmal mehr bewies Audi Pioniergeist, als es darum ging, für den unerbittlichen Cross-Country-Rallyesport einen elektrifizierten Antrieb zu konzipieren.

Der elektrische Achsantrieb des Audi RS Q e-tron mit den Motor-Generator-Einheiten an Vorder- und Hinterachse bezieht seinen Strom aus einem Hochvolt-Batteriesystem. Da es kein Ladenetz in der Wüste gibt, hat Audi ein innovatives Ladeverfahren ersonnen. Der Prototyp besitzt einen Energiewandler, der die Hochvoltbatterie während der Fahrt mit maximaler Effizienz auflädt. Dieser Energiewandler ist eine Kombination aus dem hocheffizienten, nochmals optimierten TFSI-Motor aus der DTM und einem Generator.

Diese Motor-Generator-Unit (MGU) ist eine Eigenentwicklung von Audi Sport. Sie entstand ursprünglich für die Formel E und weist eine Systemeffizienz von etwa 97 Prozent auf. Bei der Hochvoltbatterie und dem Energiemanagement hat Audi Sport in den ersten Dakar-Einsätzen wertvolle Lektionen gelernt und alle Systeme stetig optimiert. So erbrachte die Rekuperation beim Bremsen größere Energierückflüsse als erwartet. Ebenso hilft etwa der intermittierende Betrieb der Klimaanlage, Energie einzusparen und dennoch die gewünschte Temperierung einzuhalten.

Die Hochvoltbatterie als zentral angebrachtes Bauteil des Antriebssystems wiegt 370 Kilogramm. Sie hat eine Kapazität von 52 kWh und wird während der Fahrt vom Energiewandler aufgeladen. Der Prozess läuft prinzipiell automatisch, damit Fahrer und Beifahrer sich auf das Fahren und Navigieren konzentrieren können. Das Energiemanagement stellt dabei eine große Herausforderung dar. Während sich der Energieverbrauch auf der Rundstrecke durch bekannte Parameter und präzise Simulationen klar abschätzen lässt, steckt die Wüste voller Überraschungen: Wie lang fällt eine Tagesetappe aus? Wie viele Dünenketten sind zu überqueren, wie hoch die Höhenunterschiede? Wie weich oder hart ist der Untergrund? Fährt man sich fest oder bedeutet ein Navigationsfehler nochmaligen, zusätzlichen Energieverlust?

Hinzu kommen die Belastungen aller Komponenten durch hohe Sprünge oder harte Schläge in felsigem Terrain. Der elektrische Antrieb an der Vorder- und Hinterachse ist identisch. Alle Komponenten (MGU, Inverter, 1-Gang-Getriebe, Differenzial und Rutschkupplung) sind in einem Aluminiumgehäuse untergebracht. Das Innenleben von MGU und Inverter haben die Ingenieure verstärkt, die Kühlung optimiert, die Übersetzung angepasst. Vorder- und Hinterachse sind nicht miteinander verbunden. Die Funktion des Mitteldifferenzials übernimmt die Software.

Der Zweiliter-TFSI-Motor aus dem Audi RS 5 DTM hat sich als perfekte Wahl erwiesen. Für den völlig anderen Einsatzzweck als Teil eines Energiewandlers haben die Ingenieure das Aggregat jedoch angepasst. Die Leistung ist von 450 auf etwa 200 kW verringert, die Drehzahl von maximal 9.000 auf einen Bereich zwischen 4.500 und 6.000 Touren eingegrenzt. So ist es möglich, den Vierzylinder Bestpunkt-optimiert zu betreiben. Kolben, Injektoren und Turbolader sind daraufhin optimiert. Bei Prüfstandsläufen ist es den Motorentwicklern gelungen, den spezifischen Verbrauch auf deutlich unter 200 Gramm pro kWh zu begrenzen.

Im rauen Wüstenalltag bietet der elektrische Antrieb große Vorteile. Auch bei langsamer Fahrt im Sand und damit wenig Kühlluftfluss entsteht kein Temperaturproblem. Die E-Maschinen bieten dem Fahrer ab der ersten Umdrehung volles Drehmoment und lassen sich sehr präzise regulieren. Die bei einem traditionellen Verbrennungsantrieb üblichen Schaltpausen entfallen – und damit auch das Risiko, genau dann im Sand steckenzubleiben. Der Fahrer kann das Auto somit sehr präzise mit dem Gaspedal durch alle Geschwindigkeitsbereiche bewegen und sich voll aufs Fahren konzentrieren. Der elektrische Antrieb arbeitet zudem von Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit unbeeinflusst – anders als ein Verbrenner.