Pilotprojekt Glasrecycling

Die Vision einer Circular Economy

Von Produktdesign und Einkauf über Herstellung und Vermarktung bis zur Wiederverwendung – Audi will Kreisläufe zum festen Bestandteil der automobilen Wertschöpfungskette werden lassen.

Die Ressourcen der Erde sind endlich. Ihr effizienter Einsatz ist also essenziell. „Durch das Schließen von Wertstoffkreisläufen können wirtschaftliches Wachstum und Ressourcenverbrauch voneinander entkoppelt und Abhängigkeiten reduziert werden“, sagt Dennis Christian Meinen, Experte für Circular Economy bei Audi. Der Anspruch von Circular Economy ist es, den Wert des Produktes und der Materialien möglichst lange zu erhalten.

Recycling mitgedacht

Audi betrachtet seine Produkte über den gesamten Lebenszyklus. In einem Fahrzeug kommen unterschiedlichste Materialien zum Einsatz – von Metallen wie Stahl und Aluminium über Kunststoffe und Elektronikbauteile bis hin zu Glas. Während viele dieser Werkstoffe bereits seit langem in Recyclingkreisläufe zurückgeführt werden, gibt es für andere bisher oft nur einen Weg: das Downcycling. Genau das will Audi ändern und möglichst viele Ressourcen in geschlossenen Kreisläufen führen.

Schon bei Entwicklung und Design eines Fahrzeugs denkt Audi an Aspekte wie die Recyclingfähigkeit – und das bereits Jahre bevor das erste Serienfahrzeug das Werk verlässt. Dabei steht eine Aussage im Fokus: „Werkstoffe, die gar nicht erst eingesetzt werden, schonen die Umwelt am meisten.“ Daher treibt Audi die nachhaltige Produktentwicklung voran und sucht immer wieder nach Anhaltspunkten, wie beispielsweise die Recyclingfähigkeit verbessert und/oder Material gespart werden kann. Da das Design Kaufgrund Nummer eins für Audi Kund_innen ist, legt Audi einen besonderen Wert darauf, Ästhetik und Nachhaltigkeit miteinander in Einklang zu bringen.

Erneuter Einsatz oder Aufbereitung

Audi auf dem GREENTECH FESTIVAL 2021

Am Ende eines Fahrzeuglebens wird bei ausgewählten Bauteilen individuell über die weitere Vorgehensweise entschieden – verbunden mit der Vision, für immer mehr Teile einen Kreislauf zu etablieren. Dabei muss nach der ersten Nutzung nicht automatisch die Verwertung oder das Recycling stehen. Oberste Priorität ist es, ein Bauteil nach seiner ersten Verwendung ohne weitere Modifikationen an einer anderen Stelle erneut einzusetzen. Das kann beispielsweise mit Hilfe einer Reparatur angestrebt werden. Getriebe etwa können aufbereitet werden und erneut zum Einsatz kommen. Batterien können als Energiespeicher einen neuen Verwendungszweck im zweiten Leben finden. Ist das nicht möglich, wird das Bauteil recycelt und es entsteht etwas Neues daraus.

Ein Vorteil: Der Einsatz von Sekundärmaterial spart wertvolle Ressourcen und Energie, die sonst für die Herstellung neuer sogenannter Primärmaterialien anfallen würden.

Fest etabliert: Aluminium Closed Loop

Aluminium wird seit mehr als 25 Jahren in immer mehr Baureihen eingesetzt. Da die Herstellung sehr energieintensiv ist, ist ein effizienter Umgang mit diesem Werkstoff umso wichtiger. Ein geschlossener Kreislauf liegt jedoch erst dann vor, wenn das Material ohne Qualitätsverlust aufbereitet und in seiner ursprünglichen Güte erneut verwendet werden kann. Heute gelingt es Audi und seinen Zulieferunternehmen mit dem Aluminium Closed Loop, Aluminiumverschnitte in Neuwarenqualität aufzubereiten. Dank der sukzessiven Einführung des „Aluminium Closed Loop“ ab 2017 in den Presswerken bei Audi konnten bilanziell1 insgesamt mehr als 595.000 Tonnen CO2 vermieden werden. Inzwischen setzen die Werke Neckarsulm, Ingolstadt, und seit 2021 auch der Mehrmarkenstandort Bratislava und Győr den „Aluminium Closed Loop“ um. Als erster Automobilhersteller wurde das Unternehmen von der Aluminium Stewardship Initiative mit dem ‚Chain of Custody‘-Zertifikat ausgezeichnet.

1Die Berechnung der CO2 Einsparung des Aluminium Closed Loop wurde aufgrund der Neubewertung der Presswerkverschnitte im Vergleich zum Vorjahr aktualisiert. Unter bilanzieller CO₂-Neutralität versteht Audi einen Zustand, bei dem nach Ausschöpfung anderer in Betracht kommender Reduktionsmaßnahmen in Bezug auf verursachte CO₂-Emissionen durch die Produkte oder Tätigkeiten von Audi weiterhin vorhandene und/oder im Rahmen der Lieferkette, Herstellung und des Recyclings der Audi Fahrzeuge aktuell nicht vermeidbare CO₂-Emissionen durch freiwillige und weltweit durchgeführte Kompensationsprojekte zumindest mengenmäßig ausgeglichen werden. Während der Nutzungsphase eines Fahrzeugs, das bedeutet ab Übergabe eines Fahrzeugs an Kund_innen, anfallende CO₂-Emissionen werden hierbei nicht berücksichtigt.

Audi Hungaria führt geschlossenen Aluminiumkreislauf ein
Recyceltes Autoglas für den Audi Q4 e-tron

Chemisches Recycling von Kunststoffen

Audi und THINKTANK am KIT arbeiten an Recyclingmethode für automobile Kunststoffe

Kann diese Idee des geschlossenen Kreislaufs auch bei anderen Werkstoffen funktionieren? Besonders nicht sortenreine Kunststoffabfälle sind hier noch eine Herausforderung. Im Durchschnitt sind heute in einem Auto rund 250 Kilogramm Kunststoffteile verbaut. Sie können, nachdem sie zerkleinert und von anderen Stoffen getrennt wurden, in einem weiteren Prozess erneut zu Kunststoffgranulat verarbeitet werden.

Allerdings stößt dieses sogenannte mechanische Recycling von Plastik dort an seine Grenzen, wo verschiedene Kunststoffe im Verbund verarbeitet sind und diverse Kleber, Lacke und Füllstoffe wie etwa Glasfasern zum Einsatz kommen. Zudem sinkt die Qualität der Kunststoffe mit jedem mechanischen Aufbereitungsschritt. Sie können in der Regel nicht mehr im Fahrzeugbau und insbesondere nicht für sicherheitsrelevante Bauteile verwendet werden.

Gemeinsam mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Partnern aus der Industrie arbeitet Audi deshalb an einer neuen Recyclingmethode. Die recycelten Kunststoffabfälle lassen sich zu Pyrolyseöl verarbeiten und können Erdöl als Rohstoff für die Produktion von hochwertigen Kunststoffbauteilen ersetzen. Die aus Pyrolyseöl hergestellten Bauteile sind nach bisherigen Untersuchungen genauso wertig wie Neuware. Auf diese Weise geschlossene Materialkreisläufe sparen Energie. Zugleich kann Audi den Beschaffungsprozess optimieren. Als erstes Serienbauteil ist die Gurtschlossabdeckung für den Audi Q8 e-tron aus diesem Verfahren entstanden.

Mehr als die Hälfte des gewonnenen Sekundärrohstoffs kann perspektivisch in die Produktion zurückfließen.

Rezyklatbauteile in vielen Modellen

Zudem kommen als Beitrag zur Ressourcenschonung bei immer mehr Bauteilen Rezyklate zum Einsatz, also aufbereitete Stoffe, die einem Recyclingprozess entstammen. Dabei geht es nicht nur darum, CO2 einzusparen, sondern wirtschaftlich und effizient mit Material umzugehen. Das Unternehmen plant, den Anteil an Rezyklaten in Audi Modellen kontinuierlich zu erhöhen. Ziel ist es zudem, etwa Sitzbezüge aus sortenreinem Material herzustellen, damit diese wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden können.

Bereits jetzt stecken in einem Audi Q4 e-tron bis zu 27 Bauteile mit Rezyklatanteil. Quelle des Materials sind zum Beispiel industrielle Produktionsabfälle. Gerade für die Kunststoffbauteile gelten hohe Anforderungen hinsichtlich Hitzebeständigkeit, Formstabilität und Qualität über die Fahrzeug-Lebensdauer. Beim Exterieur handelt es sich um Komponenten wie den Montageträger – ein Bauteil, an dem etwa Kühlkomponenten, Scheinwerfer und der Stoßfänger befestigt werden und das besonders hohe mechanische Anforderungen erfüllen muss. Außerdem bestehen die Scheinwerferaufnahmen, die Radlaufschalen, die Kotflügelabdeckungen, die Bodenverkleidungen und die Radspoiler zu einem großen Anteil aus Sekundärrohstoffen.

Ein zweites Leben für PET-Flaschen

Im Interieur des Audi Q4 e-tron werden Rezyklate in Dämmungs- und Dämpfungsmaterialien eingesetzt. Darüber hinaus enthalten viele sichtbare Oberflächen wiederverwertete Materialien. Dazu gehören beispielsweise der Bodenbelag und Teile der Gepäckraumauskleidung. Im Interieur S line dient das Mikrofasermaterial Dinamica im Zusammenspiel mit Kunstleder als Bezug für die Sportsitze. Dinamica besteht zu 45 Prozent aus Polyesterfasern, erinnert optisch und haptisch jedoch an Veloursleder. Die Fasern werden aus recycelten PET-Flaschen, ehemaligen Textilien oder Faserresten gewonnen. Im Gegensatz zur bisherigen Mikrofaserqualität ist die Produktion von Dinamica zudem lösemittelfrei – ein weiterer Beitrag zum Umweltschutz.

Bodenteppich und Fußmatten im Audi e-tron GT sind aus Econyl gefertigt – einem Material, das zu 100 Prozent aus recycelten Nylonfasern besteht. Sie stammen aus Produktionsabfällen, Stoff- und Teppichbodenresten oder alten Fischernetzen. Für die Sportsitze plus steht das lederfreie Designpaket in der Farbe Schwarz zur Wahl. Als Bezüge gibt es hier entweder eine Kombination von Kunstleder mit dem Stoff Kaskade oder einen Mix aus Kunstleder mit Dinamica. In beiden Fällen bestehen die Bezüge überwiegend aus Materialien wie Polyesterfasern, die aus recycelten PET-Flaschen, Textilien oder Faserresten hergestellt worden sind – in jeder Kaskade-Bezugsgarnitur stecken 119 wiederverwertete Kunststoffflaschen.

In der vierten Generation des Audi A3 kommen Sitzbezüge aus Sekundärrohstoffen zum Einsatz. Sie haben bis zu 89 Prozent Rezyklatanteil. Für jede Sitzanlage werden bis zu 45 PET-Flaschen à 1,5 Liter verwertet. Hinzu kommen weitere 62 PET-Flaschen, die für den Teppich recycelt wurden. Auch andere Komponenten des A3-Interieurs bestehen vermehrt aus Sekundärrohstoffen, so zum Beispiel Dämmstoffe und Dämpfungsbauteile, die Seitenverkleidung des Kofferraums, der Ladeboden und die Einlegematten.

Für den Audi Q4 e-tron und den Audi Q4 e-tron Sportback ist seit Mitte 2022 über das Angebot Audi Original Zubehör ein Rad mit einer Recycling-Legierung erhältlich, das aufgrund seines Materialmixes einen besonders niedrigen CO2-Fußabdruck hat. Gemeinsam mit der AMAG Austria Metall AG konnte Audi für dieses Rad erstmals eine Legierung mit mindestens 70 Prozent Recycling-Anteil entwickeln. Haupteinsatzmaterial sind bei diesem Pilotprojekt verschiedene Aluminiumschrottsorten sowie gemischte End-of-Life-Schrotte, welche mit sensorbasierten Sortieranlagen bei AMAG aufbereitet wurden. Diese Schrottsorten wurden bislang nur zu einem geringen Anteil für sicherheitsrelevante Bauteile wie Räder verwendet. Pro Fahrzeug lassen sich so etwa 300 Kilogramm CO2 einsparen, zudem kommt deutlich weniger Primäraluminium zum Einsatz.

Glaskreislauf für Autoscheiben

Pilotprojekt Glasrecycling

Um einen bilanziell geschlossenen Materialkreislauf für Autoglas zu etablieren, leisten Audi und seine Partnerunternehmen Pionierarbeit. Gemeinsam mit Reiling Glas Recycling, Saint-Gobain Glass und Saint-Gobain Sekurit hat Audi dazu ein Pilotprojekt gestartet. Die Unternehmen wollen aus gebrauchtem Autoglas einen Wertstoff für die Serienproduktion machen und haben dafür einen mehrstufigen Prozess aufgesetzt: Die Autoscheibe wird mittels eines innovativen Recyclingprozesses zunächst zerkleinert. Anschließend werden alle glasfremden Störstoffe wie Kleberreste aussortiert. Das so gewonnene Glasgranulat wird eingeschmolzen und zu neuem Flachglas verarbeitet. Aus diesem Flachglas entsteht dann eine neue Autoscheibe. Der Pilot wurde inzwischen erfolgreich abgeschlossen und wird in die Serienproduktion überführt. Ab September 2023 werden die so hergestellten Scheiben für die Modelle der Audi Q4 e-tron Baureihe verwendet .

Die Wiederaufbereitung des Glases führt dazu, dass insgesamt weniger Energie und Rohstoffe für die Herstellung von Scheiben aufgewendet werden müssen – schließlich ermöglicht der Einsatz von aufbereitetem Material eine Reduzierung des Bedarfs an Primärmaterialien wie beispielsweise Quarzsand.

Ausblick

Mit Mut zu innovativen Technologien ist es möglich, weitere Materialien und Bauteile in die Circular Economy zu integrieren. Zudem können bestehende Materialkreisläufe immer weiter verbessert werden. Das Potenzial der Kreislaufwirtschaft ist noch lange nicht ausgeschöpft. Circular Economy wird bei Audi zunehmend an Bedeutung gewinnen. Auch beim Design drückt sich in der Materialwahl das Bekenntnis des Unternehmens zur Nachhaltigkeit aus. Die neuen Materialien zeigen, wie ästhetisch, wertig und visionär Bauteile aus umweltschonenden Ressourcen sein können.

Stand: August 2023

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