• Audi Strategiechefin setzt verstärkt auf interne Kompetenz für nachhaltige Unternehmensstrategie: „Kein Beraterpapier“
  • Mehr als 500 Mitarbeiter_innen eingebunden: „Paradigmenwechsel stellt Strategie auf breites Fundament“
  • Neuer Prozess sieht kontinuierliche Anpassung vor: „Geschwin­digkeit der Veränderungen in den Bereichen Technik und Mobilität wird sich weiter erhöhen“
Silja Pieh, Leiterin Unternehmensstrategie, AUDI AG

Die Automobilindustrie ist im Umbruch – und Audi mittendrin. Silja Pieh spielt in der Transformation des Premiumautomobilherstellers eine wichtige Rolle. Sie leitet die Abteilung Unternehmensstrategie bei Audi. Mit ihrem Team sorgt sie dafür, dass Audi seinen „Vorsprung durch Technik“ zukunftssicher ausrichtet und die Mobilität der Zukunft gestaltet. Neun Monate lang haben Silja Pieh und ihr Team den Vorstand durch einen spannenden Strategieprozess geführt. Sie haben mehr als 600 Trends analysiert und verdichtet, Profitpools von morgen entlang der Wertschöpfungskette untersucht und neue Geschäftsfelder für Audi identifiziert. Die größten Knackpunkte waren dabei das klare Datum für den Umstieg in die E-Mobilität, ein Digitalisierungsschub für Audi auf breiter Front, User-Szenarien für das autonome Fahren von morgen und ein Bekenntnis von Audi zu nachhaltigem Wirtschaften.

Eine erfahrene Strategin, die mutig mit Konventionen bricht: Statt auf externe Beratung setzt Silja Pieh bei der Strategie „Vorsprung 2030“ auf interne Kompetenz und Schwarmintelligenz. Sie bindet ein großes Team von Audianer_innen aus allen Hierarchieebenen und aus aller Welt direkt ein. „Unsere Mitarbeitenden kennen Audi sehr gut, sie wissen vermutlich als Erste, was zu verbessern ist. Wir müssen sie nur zu Wort kommen lassen und ihnen genau zuhören“, erklärt Silja Pieh.

Silja Pieh hat in den vergangenen Monaten mit ihrem Team einen neuen Prozess für eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Unternehmensstrategie entwickelt und umgesetzt. Die Chefstrategin leitet damit einen Paradigmenwechsel ein. Demokratisch, offen, transparent. Mit dem Team der „Audi 500+“ konzipiert sie neue Analysetools, wertet zu Beginn systematisch Trends aus, die für das Unternehmen relevant werden könnten, dazu alle wichtigen Märkte. „Es haben sich einige Punkte herauskristallisiert, die wir anschließend mit Expert_innen noch genauer analysiert und die Ergebnisse mit dem Vorstand intensiv diskutiert haben“, sagt sie.

Parallel reflektierten Mitarbeitende und Vorstand über Wochen, wofür Audi künftig stehen soll. Ergebnisoffen. Denn nur im Team kann Audi die Strategie erfolgreich umsetzen – und damit die eigene Zukunft sichern. Kritikfähigkeit, Reflexion und Entscheidungsfreude, drei Stärken, die Silja Pieh sehr schätzt. Mitarbeitende konnten bei der „Strategy Challenge“ konkrete Ideen und Vorschläge zu verschiedenen Trendfeldern unterbreiten, die besten Ideen präsentierten sie dem Vorstand. Thorsten Schrader, Martin Vogl und Ansgar Neudecker aus Ingolstadt gewannen den internen Wettbewerb mit ihrem Projektvorschlag „Industrial Remanufacturing – Audi ReUp“. Das Projekt, bei dem es um eine Kombination von upcycling, re-using und teilen geht, wird nun umgesetzt. „Wir haben festgestellt, dass das Thema Nachhaltigkeit sowohl in der Belegschaft als auch im Vorstand tief verankert ist, und wollen es künftig noch stärker leben“, unterstreicht die Strategin.

Audianerin durch und durch

Silja Pieh kennt sich aus bei Audi, ist bestens vernetzt. Die Freude ist groß, als sie im August 2020 zu den Vier Ringen zurückkommt. Nicht nur bei ihr, sondern auch im Team – alte Bekanntschaften pflegt sie über Jahre. Nach dem abgeschlossenen Hochschulstudium als Diplom-Kauffrau und Wirtschaftsgeografin beginnt sie ihre berufliche Karriere bei Bosch, wechselt nach verschiedenen Stationen 2012 zu Audi. Bis 2017 arbeitet sie in der Unternehmensstrategie und leitet strategische Innovationsprojekte, unter anderem zum autonomen Fahren. 2017 wechselt sie als kaufmännische Geschäftsführerin zur neugegründeten Tochter „Autonomous Intelligent Driving“ (AID) in München, um das Zukunftsfeld des autonomen Fahrens zu betreuen. Von dort geht sie 2019 als Chefstrategin zu Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) und verantwortet zusätzlich die Gesamtstrategie und Geschäftsfeldentwicklung „Mobility & Transportation as a Service“ im Volkswagen Konzern. In dieser Funktion soll sie dem Konzern beim autonomen Fahren im urbanen Umfeld zum Durchbruch verhelfen. Doch das Angebot, 2020 wieder zu Audi zurückzukehren, ist zu verlockend. „Ich habe mich immer als Audianerin gefühlt und wollte zurückkommen. Die Arbeitsatmosphäre hat mir schon damals gut gefallen, die Tugenden und Stärken der Marke passen zu mir. Dazu kommt die spannende Aufgabe, die Neuausrichtung des Unternehmens gerade in dieser entscheidenden Phase mitzugestalten“, sagt sie.

Audi möchte in Zukunft für mehr Nachhaltigkeit stehen – und das auch belegen. Genau für diesen Ansatz steht Silja Pieh. „Natürlich entscheiden Kund_innen, was sie fahren möchten. Aber wir wollen ihnen das bestmögliche Produkt besonders nachhaltig anbieten“, sagt sie. Heißt: bei allen nötigen Maßnahmen konsequent und transparent handeln. „Audi hat viele Kompetenzen, die unsere Kund_innen schätzen und auf die wir uns wieder stärker besinnen werden. Der Slogan ,Vorsprung durch Technik‘ zählt zur Audi-DNA und beschreibt unsere Motivation, Dinge immer wieder zu hinterfragen und neu anzupacken“, erklärt sie.

Klare Ziele für eine bessere Orientierung

Silja Pieh steht für klare Aussagen. Die nun getroffene Aussage zum Ende des Verbrenners unterstützt sie, weil sie Klarheit schafft. Für Belegschaft und Kundschaft gleichermaßen. Gerade in volatilen Zeiten helfe ein klares Ziel zur Orientierung. Umso mehr Zeit gewinnt das Team für die Vorbereitung dieser Transformation, für Weiter- und Fortbildungsprogramme. Wie beim Segeln hält sie den Kurs, steuert nach starken Windböen nach – bis die Richtung wieder stimmt. Beim jährlichen „Strategy Summit“ schaut das Team deshalb, welche strategischen Rahmenbedingungen sich geändert haben, und justiert nach. Denn Silja Pieh ist überzeugt: Die Geschwindigkeit der Veränderungen wird sich im Bereich Technik und Mobilität in den nächsten Jahren weiter erhöhen – eine kontinuierliche Anpassung sei daher nötig. „Generell schaue ich nach vorn und nicht zurück. Die Zukunft ist spannend und sie mitzugestalten noch viel spannender“, sagt sie und lacht. Im Strategiepapier „Vorsprung 2030“ formuliert ihr Team mit dem Vorstand sechs verschiedene Aktionsfelder sowie Leitlinien für eine Priorisierung der strategischen Handlungsfelder. Dabei sollen die Menschen noch stärker in den Fokus rücken. „Wir werden ganzheitlicher agieren, um individuelle Mobilität als Erlebnis mit einem eigenen, reibungsfreien Ökosystem dazustellen. Denn die Rolle des Fahrzeugs wird sich künftig verändern“, betont Silja Pieh. „Das autonome Fahren wird der Startpunkt der zweiten großen Transformation nach unserem eindeutigen Votum für das elektrische Fahren. Der Fahrzeuginnenraum wandelt sich mit dem Gefahrenwerden zum zweiten Wohnzimmer, Büro oder Ruheraum. Digitale Angebote ergänzen dieses neue Erlebnis. Mit der ersten Benzinkutsche vor 135 Jahren hat das nichts mehr zu tun. Wir starten eine neue Zeitrechnung.“

Soziale Verantwortung stärker im Handeln verankern

Audi hat noch nicht überall die finalen Antworten auf die von den Mitarbeitenden gestellten Fragen, gibt sie offen zu. Aber ihr Team arbeite hart dran. Ein intensiver Prozess – und ein notwendiger. Denn Audi möchte weiter individuelle Mobilität ermöglichen. Und dabei Umwelt, Gesellschaft und soziale Verantwortung stärker im Handeln verankern – konsequent und transparent: „Es geht ums große Ganze. Wir entwickeln Technik nicht um ihrer selbst willen, sondern wollen eine sinnvolle Technologie, die einen Zweck verfolgt.“ Technik muss bedeutungsvoll und wirksam sein, um die Welt in Bewegung zu halten. Ökologisch, sozial, nachhaltig und verantwortungsvoll. Genau dafür steht Silja Pieh. Ihr Motto: „Nicht reden – machen.“