Digitalisierung ist mehr als eine Technik für Vorsprung im Automobil. Sie verändert alle Geschäftsprozesse fundamental. Dafür befindet sich die größte Transformation der Unternehmensgeschichte in voller Fahrt. Die neue Qualität der Zusammenarbeit dank digital vernetzter Technik zeigt sich in allen Bereichen von Audi. Die Leistungsschau auf der Messe in Barcelona macht dies mit zahlreichen Beispielen erlebbar.


1. Virtuelles Kauferlebnis: Audi VR experience und Customer Private Lounge

Die automobile Welt verändert sich in hohem Tempo und mit ihr die Bedürfnisse und Erwartungen, die die Menschen an den Kauf ihres Premium-Automobils stellen. Neun von zehn Kunden, die heute ein neues Auto suchen, informieren sich zuvor online. Viele von ihnen wollen dabei wichtige Details selbst entdecken. Sie nutzen dazu die Online-Angebote der Hersteller, Foren, soziale Medien und profitieren somit von der Schwarmintelligenz.

Diese intensive Erstinformation geht heute meist dem Besuch beim Händler voraus. Deswegen knüpfen sich an das Beratungsgespräch mit den Experten im Autohaus umso höhere Erwartungen, wenn es um das Vergleichen, Abwägen und individuelle Konfigurieren geht. Mit der Customer Private Lounge und einer VR-Anwendung zeigt Audi auf dem Summit zwei Lösungen, die dieser Erwartung Rechnung tragen.

1.1 Audi VR experience
Virtual Reality neuester Generation erlaubt dem Kunden, jedes Audi-Modell frei nach seinen Wünschen zu konfigurieren. Er sieht sein Wunsch-Auto mit einer VR-Brille unmittelbar vor sich als stünde er tatsächlich davor. Der Eindruck ist dank stereoskopischer 3D-Darstellung und aufwändiger Datenmodelle besonders authentisch bis in die kleinsten Details.

Die Audi VR experience eröffnet noch weitere faszinierende Möglichkeiten. So kann der Kunde sein Fahrzeug in ganz unterschiedlichen Umgebungen erleben, in bestimmte Teile des Autos virtuell eintauchen und deren technischen Aufbau erkunden oder besondere Momente der Marke Audi in VR miterleben.

Besonders viel Entwicklungs-Aufwand hat Audi in die Performance- und Grafikqualität auf Basis einer Game-Engine investiert. Diese wurde mit dem britischen Spezialisten Zerolight entwickelt und eigens für Virtual Reality optimiert. Sie sorgt für eine permanent hohe visuelle Qualität bei gleichzeitig sehr flüssiger Bilddarstellung. Die Game-Engine gibt die komplexen Datenmodelle der Automobile in der VR-Brille stereoskopisch mit 90 Bildern pro Sekunde flüssig aus und hat ein schnelles Ansprechverhalten von weniger als 20 Millisekunden.  

Als erste Automobilmarke führt Audi ein hochentwickeltes VR-System im Handel ein und bietet dem Kunden damit bei der Kaufentscheidung einen erheblichen Mehrwert. Es ist vollständig in die IT-Systemlandschaft von Audi integriert und wird online immer auf dem neuesten Datenstand des Produktportfolios gehalten.

Für diese Anwendung im Autohaus setzt Audi auf die VR-Brille des langjährigen Projektpartners Oculus. Mit ihr erlebt der Besucher seinen künftigen Audi bequem sitzend in Virtual Reality. Für besondere Formate wie etwa Markenveranstaltungen oder Messen hat Audi zudem ein erweitertes Setup entwickelt. Hier trägt der Besucher eine VR-Brille der Firma HTC im Stehen, kann sich auf einer Fläche von fünf mal fünf Metern frei um das dargestellte Automobil bewegen oder auf dem virtuellen Fahrer- oder Beifahrersitz Platz nehmen, um von dort alle Innenraumdetails in Augenschein zu nehmen. Diese neueste Ausbaustufe des Systems ermöglicht ein äußerst natürliches Erlebnis der virtuellen Autoschau.

1.2 Audi Customer Private Lounge
Die Kunden von Audi haben als Trendsetter der digitalen Welt hohe Erwartungen an den Auftritt ihrer Marke. Auch und gerade, wenn sie im Showroom ihren neuen Audi individuell erfahren möchten, mit allen Sinnen. Hier setzt das Konzept der "Audi Customer Private Lounge“ an, das die Premiummarke erstmals für sein Vertriebs­konzept Audi City und den Handelsbetrieb der Zukunft entwickelt hat. In einer separaten, voll digitalisierten Suite kann der Besucher sein Wunschauto nahezu lebensecht als virtuelles Modell konfigurieren und an seine Wünsche anpassen. Sie vereint damit digitale Innovation mit dem Know-how und der besonderen persönlichen Atmosphäre des stationären Handels.

Die AUDI AG hat das Konzept zusammen mit internationalen IT-Partnern entwickelt. Der Händler hat so erstmals die Möglichkeit, die Vielfalt des Audi-Portfolios mit allen seinen Technologien und Ausstattungsmöglichkeiten zu präsentieren und alle Details anschaulich zu erklären. Die Lounge ist mit vielen eigens entwickelten digitalen Komponenten ausgestattet. Die Steuerung des High-Tech-Systems erfolgt über ein Tablet. Damit steht der Verkaufsberater dem Kunden zur Seite, während dieser sein Wunschauto zusammenstellt.

Mit einem Fingertipp kann das individuelle Audi-Modell auf  die Audi VR experience übertragen werden und steht damit bereit, um bis in das kleinste Detail begutachtet zu werden, bis hin zu den Nähten der Ledersitze und den unterschiedlichen Licht-Technologien von Audi.

Die Customer Private Lounge ist der Raum für ein besonders tiefes und exklusives Markenerlebnis sowie für ein persönliches Beratungsgespräch in ruhiger Umgebung.


2. Metall-3D-Druck: Vom Werkzeugbau bis zur Mondmission
Die additive Fertigung ist ein gutes Beispiel für Vorsprung, der die Marke Audi ausmacht. In der anspruchsvollsten Ausprägung dieses Fertigungsverfahrens geht es nicht allein um Technik. Es geht auch darum, sich heute bereits den Vorsprung von Morgen zu sichern. Erfahrungen sammeln. Kompetenz beweisen. Neues Terrain erschließen. Das Thema metallischer 3D-Druck zeigt auf dem Audi Summit diese Dimension von Vorsprung.

3D-Drucker, die Objekte aus pulverförmigem Kunststoff herstellen, haben sich bereits fest etabliert. Ihre nächste Evolutionsstufe sind 3D-Metalldrucker. Diese Kompetenz hat Audi im neu gegründeten Metall-3D-Druckzentrum der Audi Produktion aufgebaut. Dort fertigen die Audi-Experten des Werkzeugbaus und der Technologieentwicklung im Laserschmelzverfahren Stahl- und Aluminiumteile aus Metallpulver. Das Verfahren findet bereits Anwendung in Serienwerkzeugen. In den nächsten Jahren könnten perspektivisch auch individuelle Fahrzeugkomponenten für die Kleinserie auf diese Weise gefertigt werden.

Für den 3D-Druck eignen sich grundsätzlich alle Metalle, die sich schweißen lassen; Werkzeugstahl ebenso wie Aluminium oder Titan. Als Ausgangsbasis dient Metallpulver mit einer Korngröße von 15 bis 60 tausendstel Millimeter, so fein wie ein menschliches Haar. Der Drucker trägt das Pulver in dünnen Schichten auf, der Laser schmilzt es daraufhin gemäß den CAD-Daten auf und erzeugt damit die Kontur des Bauteils. Per 3D-Metalldruck lassen sich Objekte mit freien, hochkomplexen Geometrien herstellen, die mit anderen Fertigungsverfahren gar nicht oder nur sehr schwierig herzustellen wären. Mit Hilfe des 3D-Drucks kann man buchstäblich um die Ecke bohren.

Typische Beispiele für solche Anwendungen sind Stahlbauteile mit integrierten Kühlkanälen oder Kühlnetzen, die in Gusswerkzeugen zum Einsatz kommen. Analysen und Tests zeigen, dass gedruckte Bauteile die gleichen Materialeigenschaften wie konventionell gefertigte Bauteile aufweisen. Durch die komplexen Geometrien lässt sich sogar bei weniger Gewicht eine deutlich höhere Steifigkeit der Bauteile erzielen.

Mit Hochdruck zum Mond
Audi will mit der neuen Technologie hoch hinaus. Bis zum Mond: mit dem selbstfahrenden Erkundungsfahrzeug Audi lunar quattro. Dieser besteht zu mehr als 85 Prozent aus gedrucktem Aluminium. Im Rahmen der „Mission to the Moon“ möchte ein Berliner Team von Ingenieuren, die „Part-Time Scientists“, mit der Unterstützung von Audi erstmals nach mehr als 45 Jahren zu einer der Landestellen des NASA Apollo-Programms auf dem Mond vorstoßen. Eine Gruppe von 16 Audi-Experten unterstützt die Part-Time Scientists mit Know-how auf vielen Technikfeldern und hat den Rover für die Mondmission optimiert. 


3. Modulare Montage: Ohne Fließband, dafür mit tanzenden Regalen
Es wird immer komplexer, Premium-Automobile zu produzieren. Denn neue Marktanforderungen, Kundenerwartungen und gesetzliche Rahmenvorgaben verlangen immer mehr nach innovativen Technologien und unterschiedlichen Fahrzeugvarianten. Der feste Takt am Fließband der Montage war mehr als ein Jahrhundert unschlagbar effizient. Jetzt verliert er diesen Vorsprung, wird die lineare und getaktete Abfolge sogar manchmal zum Problem.

Weil Kunden Differenzierung wünschen, sind ihre Autos immer individueller. Damit wächst und wächst die Zahl der Derivate und Varianten. Umso schwieriger wird es, die hohe Komplexität zu beherrschen und zusätzliche Abläufe in einen starren, sequenziellen Prozess zu integrieren. Ein besonders reichhaltig ausgestatteter Audi S3 (Kraftstoffverbrauch kombiniert in l/100 km: 7,1 – 6,4*; CO2-Emission in g/km: 163 – 146*) benötigt etwa zahlreiche Arbeiten, die in einem Takt ausgeführt werden müssen. Ein weniger komplex ausgestattetes Modell durchläuft denselben Takt in der gleichen Zeit bei weniger Wertschöpfung. Das kostet Platz, Zeit und Geld.

Audi begegnet dieser Herausforderung und zeigt in Barcelona dafür eine revolutionäre Lösung: die Modulare Montage. Dort ermöglichen kleine, separate Arbeitsstationen hochflexible Arbeitsabläufe, sowohl zeitlich als auch räumlich. Zwischen ihnen bewegen Fahrerlose Transportsysteme (FTS) die Karosserien sowie die für die Produktion benötigten Teile. Ein zentraler Rechner steuert die FTS punktgenau; er erkennt den Bedarf jeder einzelnen Station und sorgt so für einen reibungslosen Arbeitsfluss. Ein weiterer bedeutender Effekt: Der Mensch folgt nicht mehr dem Takt, wie seit hundert Jahren notwendig. Die modulare Fertigung ist in der Lage, die Bedürfnisse der Beschäftigten an den verschiedenen Stationen flexibel zu berücksichtigen. Ein Vorsprung, der allen Mitarbeitern unmittelbar nützt.

Derzeit erarbeitet und erprobt das vor wenigen Monaten von einem Audi-Mitarbeiter gegründete Start-up-Unternehmen „arculus“ die zentralen Prinzipien dieses neuartigen Produktionssystems im Zusammenspiel mit der Logistik. Am ungarischen Standort in Györ wird Audi die E-Motoren nach einem modularen Konzept montieren, die Serienproduktion startet in 2018. Aber auch im Werk Brüssel werden Bestandteile des Konzepts der Modularen Montage in einem Vormontagebereich umgesetzt.

Audi geht davon aus, dass die Modulare Montage der Produktion mindestens 20 Prozent mehr Produktivität bringen wird als das Fließband von heute.


3.1 Lackiererei der Zukunft
Die Lackiererei der Gegenwart folgt im Wesentlichen noch der Logik der Fließbandfertigung. Die Karossen durchlaufen in einer fest verketteten Fertigungsstruktur den Lackierprozess, bei dem mit hohem automatisiertem Einsatz die verschiedenen Lackschichten aufgetragen werden. Zwischen den einzelnen Prozessschritten fahren die lackierten Karosserien zudem durch einen standardisierten Trockner. In weiteren Schritten werden Maßnahmen zum Korrosionsschutz und zur Abdichtung der Karossen durchgeführt. Alles findet in einer dicht verwobenen Fertigungskette statt. Ein langer, linearer Weg; hocheffizient und so nachhaltig wie maximal erzielbar. Audi hat hier bereits große Schritte getan.

Die modulare Fertigung der Zukunft wird jedoch in der Smart Factory statt Schritten Sprünge schaffen - auch bei der Lackiererei. Auf dem Audi Summit ist in der Animation der Lackiererei der Zukunft zu sehen, wie in der Zukunft der individuelle Audi hocheffizient seine Farbe erhält.

Dazu bricht der Hersteller die Kette als Prinzip auf und ersetzt sie auch in Teilbereichen des Lackierprozesses durch einen modularen Prozess. Durch diese strukturellen Veränderungen verspricht sich Audi Effizienzsteigerungen in der Applikationstechnik. Zudem lassen sich kosten- und ressourcenschonend spezielle Lackierprozesse integrieren, die den wachsenden Kundenwünschen auch in diesem wichtigen Feld der Individualisierung folgen.

Die wesentlichen Ideen der Lackiererei der Zukunft sind ein Zentrallager der Fahrzeug-Karossen, alternative Trocknerkonzepte sowie Modulsysteme in ausgewählten Teil­abschnitten. Dadurch wird jede Karosse auch hier nach ihrem individuellen Arbeitsaufwand und -inhalt optimal in die Fertigung integriert; nur an den Stationen, wo dieser Aufwand auch benötigt wird. Andere Karossen können solche Schritte auslassen oder andere vornehmen.

Die Audi-Lackiererei der Zukunft realisiert unter anderem durch diesen modularen Aufbau als Teil der Smart Factory, dass der einzelne Prozess, der für ein individuelles Automobil des Kunden notwendig ist, hocheffizient und nachhaltig optimiert wird. Das Ergebnis garantiert höchstmögliche Flexibilität und maximale Kundenorientierung. Einen Vorsprung, den jeder Kunde sehen wird.

3.2 Fahrerlose Transportsysteme
Eine Kerntechnologie der Smart Factory sind Fahrerlose Transportsysteme (FTS). Der Audi Summit zeigt diesen Vorsprung live mit dem Automated Guided Vehicle (AGV). Dieses System hilft, die herkömmlichen Produktionsprozesse zu revolutionieren. Mehr Flexibilität in der Fertigung steigert auch die Möglichkeiten, dem Kunden auf effiziente Weise noch mehr Individualisierungsmöglichkeiten zu eröffnen.

Die AGV von Audi nutzen eine selbst entwickelte, intelligente Navigation auf Basis von Software, die speziell für die Anwendung im Automobilbereich entwickelt wurde. Dadurch können sie völlig frei und autonom Waren vom Lager an die Montagelinie liefern. Sie erkennen komplizierte Verkehrssituationen und reagieren flexibel. Das Navigationssystem ermöglicht dem AGV autonomes Fahren auf einer definierten Strecke, die im Vorfeld am Rechner konzipiert und simuliert worden ist; alternativ kann das AGV einen Fahrweg auf einer manuell geführten Fahrt lernen und abspeichern. Auf Basis dieser Karte bewegt es sich daraufhin innerhalb seines Radius frei. Nach den Prinzipien des Machine Learning sucht es sich dabei stets den günstigsten Pfad.

Das Audi AGV, intern auch „Paula“ genannt, verfügt über drei Onboard-Laserscanner, zwei an der Front und einen am Heck. Diese ermöglichen „Paula“, sich zu orientieren, und verhindern, dass sie mit Personen zusammenstößt. Der Mensch hat immer Vorrang. Einer der Frontscanner ist nach oben geneigt, sodass er sogar von der Decke hängende Objekte erkennen kann.

Die Sensoren dienen auch der Aufnahme von Messdaten. Der Rechner des AGV gleicht diese mit den hinterlegten Kartendaten ab. Zusätzlich gleicht die Navigationssoftware die Messdaten der Laserscanner mit den Umdrehungen der Räder ab. Das macht eine noch genauere Lokalisierung möglich.

Das Tempo ist auf 4,2 Kilometer pro Stunde beschränkt. Alle Verzögerungen erfolgen vorausschauend, weich und damit energieeffizient; bei ihrer Berechnung haben die Entwickler ähnliche Algorithmen genutzt, wie sie Audi zur Steuerung der Adaptive Cruise Control (ACC) in seinen Automobilen verwendet.

Mit seinen Laserscannern erkennt das AGV den Werkstück-Trailer anhand seiner Konturen. Es fährt ihn millimetergenau an, selbst wenn dieser nicht exakt auf seiner vorgesehenen Position steht. Das Einparken über der Ladeplatte geschieht mit der gleichen Präzision. Ein Touch-Display an der Front, ein umfangreiches optisches Signalkonzept und eine Sprachausgabe ermöglichen die Kommunikation und Interaktion mit der Umwelt.

Im Audi-Technikum Fertigungsassistenzsysteme ist die Navigationsentwicklung des AGV mittlerweile beim dritten seriennahen Prototyp angelangt. Wie ihre Vorgänger ist auch „Paula“ in allen Bereichen eine komplette Eigenentwicklung von Audi. Sogar die Software ist hausgemacht. Seit März dieses Jahres ist das AGV in der Audi A3/Q2-Montage im Werk Ingolstadt im Serieneinsatz.

Die FTS-Technologie hat großes Potenzial: Indem man die Navigationsdaten mehrerer Einzelfahrzeuge mit einem übergreifenden Flottenmanager vernetzt, entsteht ein intelligentes Gesamtsystem. Das wird die Effizienz-Vorteile potenzieren.

3.3 Tanzende Regale
Es gibt nie nur den einen Weg zum Vorsprung von morgen. Wenn das Ziel definiert ist, zeichnet es innovative Unternehmen gerade aus, verschiedene funktionierende Lösungswege umsetzen zu können. Audi belegt diesen Vorsprung auf dem Messegelände Barcelonas mit einer weiteren Demonstration zum Thema Fahrerlose Transportsysteme (FTS), den Tanzenden Regalen.

Das Ziel ist dabei ganz ähnlich: In der Smart Factory soll der Takt dem Menschen folgen, und dabei sollen zugleich Effizienz und Flexibilität zunehmen. Der Weg ist bei den Tanzenden Regalen ein ganz anderer. Denn diese Fahrzeuge haben weder aufwändige Steuer-Computer noch hochsensible Sensorik verbaut.

Die Steuerung dieses Fahrerlosen Transportsystems funktioniert per „Audi Laser Tracking System“ über eine externe Sensorik. Es handelt sich zudem um das erste und einzige System, mit dem auch mehrere Fahrzeuge hintereinander von einem einzigen Laserscanner erkannt und gesteuert werden können. Das ist ein revolutionärer Ansatz. Audi hat ihn bereits zum Patent angemeldet.

Die Erfindung eignet sich gut, um Bauteile zur richtigen Zeit am richtigen Ort “antanzen” zu lassen. Ware-zur-Person-Prinzip nennt der Logistiker diese Fertigkeit. Die Bauteile kommen zum Mitarbeiter, wenn er sie benötigt. Zudem braucht er nicht mehr im sogenannten “Supermarkt” selbst die benötigten Teile zusammenstellen und an die Bandstation bringen. In der modularen Montage der vernetzten Audi Smart Factory gibt es dieses Band in der letzten Ausbaustufe ohnehin nicht mehr. Jedes Automobil, das in die Montagestation fährt, stellt sich in der Smart Factory wie in einem Restaurant à la carte sein Bauteil-Menü selbst zusammen. Die tanzenden Regale bringen es.

Geballte Technik macht das möglich. Der Laserscanner erkennt jedes Fahrerlose Transportfahrzeug (TFT) anhand von vier jeweils zehn Zentimeter hohen Reflektorstäben aus Aluminium, die an den Ecken montiert sind. Außer den Stäben befindet sich nichts in dieser Ebene, damit die Laserstrahlen auch hintereinander befindliche FTF detektieren können. Die komplette Erkennung und Steuerung kann dadurch von außen über den Laserscanner und einen PC erfolgen. Über WLAN erhalten die Fahrzeuge die entsprechenden Steuerbefehle.

Weil teure, aufwändige und schwere Technik nicht im FTF, sondern nur in der Kommandozentrale liegt, kann es sehr kompakt und energiesparend gebaut werden. An Genauigkeit macht das System trotzdem keine Abstriche: Denn dank des Laserscanners ist es möglich, das FTF bis auf weniger als einen Zentimeter exakt ans Ziel zu bringen. Dorthin, wo der menschliche Abnehmer auf sein Bauteil wartet. Das Tanzende Regal ist übrigens auch in der Lage zu sprechen. Per eingebauter Sprachausgabe teilt es dem menschlichen Partner seinen aktuellen Status mit – also etwa, dass es gerade ein Ziel anfährt. 

Der Vergleich mit dem Tanz ist auch nicht zu hoch gegriffen: Das Regal kann in alle Richtungen fahren: quer, nach links und rechts, vor, zurück und sich sogar im Stand drehen. Und das im Zusammenspiel mit anderen FTF in der Montage. Die synchrone Ansteuerung funktioniert bei diesem System besonders gut, da die Sensordaten zentral verarbeitet werden.

Und weil es durchaus vorkommt, dass die mit Reflektoren versehenen Aluminium-Stäbe während der Fahrt auch einmal verdeckt werden, ist der Erkennungsalgorithmus so robust ausgelegt, dass er auch zurechtkommt, wenn bis zu zwei Stäbe pro Fahrzeug nicht zu scannen sind. Das FTF findet trotzdem sein Ziel.

Noch ist das System in der Erprobungsphase. Spielend meistert es bereits einen Aktionsradius von 18 Metern. Selbst eine 30 Meter breite Halle könnte daher  ein einziger Laserscanner abdecken. Um die Reichweite zu erhöhen, können mehrere dieser Scanner zu einem Sensornetzwerk zusammengeschlossen werden. In einem weiteren Ausbauschritt kann der Scanner sogar mobil mit den Regalen mitwandern. Neue Räume lassen sich so für diese Technik ohne teure Installation erschließen.

3.4 Ausgezeichnet sitzen – ohne Sitz
Vorsprung kann man auch im Sitzen erreichen: Auf dem Gebiet der Ergonomie zählt Audi in der deutschen Automobilindustrie als Innovationsführer. Denn perfekte Ergonomie in der Fertigung verringert die körperliche Belastung, steigert die Effizienz der Fertigungsprozesse und sichert eine gleichbleibend hohe Produktqualität. Der Audi Summit lässt den Besucher diesen Vorteil am Beispiel des Chairless Chair erleben.

Der Chairless Chair ist ein so genanntes passives Exoskelett. Der Mitarbeiter trägt es wie ein zweites Paar Beine, das ihn immer dann stützt, wenn es gebraucht wird.  Es wird an der Rückseite der Beine befestigt und verbessert wie ein Stuhl die Körperhaltung des Menschen während der Arbeit. Zwei Sitzauflagen stützen Gesäß und Oberschenkel, die beiden Streben aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) leiten einen Teil des Körpergewichts in den Boden ab. Sie sind mit Gelenken in Kniehöhe ausgestattet und lassen sich hydraulisch an die Körpergröße des Menschen sowie die gewünschte Sitzposition anpassen.

Der „stuhllose Stuhl“ wiegt aufgrund seiner Leichtbauweise lediglich 2,4 Kilogramm und bringt damit keine zusätzliche Belastung mit sich.  Bei vielen Tätigkeiten in der Fertigung ist es so möglich, in einer ergonomisch günstigen Position zu sitzen, statt zu stehen – selbst bei kurzen Montage-Intervallen. Gleichzeitig verbessert diese Hightech-Stützstruktur die Körperhaltung und verringert die Belastung der Beine.

Das Exoskelett wurde bereits an einer Vielzahl an Arbeitsplätzen bei Audi  erfolgreich getestet. Gemeinsam mit dem Hersteller noonee, einem Start-up-Unternehmen aus der Schweiz, hat Audi den Chairless Chair auf Basis der Pilotierungsergebnisse weiterentwickelt, um diesen zur Serienreife zu führen und als ergonomisches Hilfsmittel flächendeckend einführen zu können. Es ist das Ziel, so die ergonomischen Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu verbessern, Überbelastungen zu vermeiden, krankheitsbedingten Ausfällen vorzubeugen und insbesondere auch ältere Mitarbeiter oder solche mit einer körperlichen Einschränkung in einer wertschätzenden Position in den Produktionsprozess zu integrieren.


Smart-Logistik: Wearables und Virtual-Reality-Schulung
Wer schneller ist, erzielt Vorsprung. Dabei sollen Qualität und Kundenfreundlichkeit von schneller Aktions- und Reaktionsfähigkeit profitieren. In Barcelona ist das an vier Beispielen aus der Logistik zu erleben.

4.1 Wearable-Scanner
Ein innovativer Scanner-Handschuh löst an ausgewählten Arbeitsplätzen der internationalen Logistik im CKD-Verpackungsbetrieb (Completely Knocked Down) in Ingolstadt herkömmliche Barcode-Scanner ab. Im sogenannten „ProGlove“ ist der Scanner bereits integriert. Der Mitarbeiter löst die Scanfunktion durch einfaches Zusammendrücken von Daumen und Zeigefinger aus. Er muss dabei das Gerät im Handschuh nicht auf den Barcode fokussieren. Das Scannen integriert sich in die natürliche Handbewegung. Durch optische (LED-Licht), akustische (Buzzer) und haptische (Vibration) Signale weiß der Kommissionierer, dass der Artikel eingescannt ist.

Der Scanner kommuniziert über Funk mit der Empfangseinheit. Dieser Access Point ist über USB oder einen gängigen seriellen Anschluss verbunden, die Installation zusätzlicher Software ist nicht notwendig. Der Akku ist für die Dauer einer Schicht ausgelegt und danach innerhalb von zwei Stunden wieder vollständig aufgeladen. Der Mitarbeiter hat durch die Integration des Scanners in den Handschuh beide Hände frei für seine Arbeit und spart sich zusätzliche Handgriffe wie das Aufnehmen oder Ablegen des Scanners. Auch die Laufwege minimieren sich. Der Arbeitsablauf wird ergonomischer.

Diesen Vorsprung durch ergonomisch optimierte Technik nutzen im Werk Ingolstadt bereits diverse Bereiche im Pilotbetrieb; in Neckarsulm wird der ProGlove ausführlich getestet. Und auch Audi Mitarbeiter in Belgien, Ungarn und Mexiko scannen bereits aus dem Handgelenk. Überall ist der Serieneinsatz in Sicht.

4.2 Virtual-Reality-Schulung
Vorsprung muss nicht immer ein Sprung sein. Oft ist es auch einfach wichtig, kontinuierlich den neuesten Stand der Technik allen betroffenen Mitarbeitern verfügbar zu machen. Wer das umfassend, praxisnah und schnell schafft, erzielt im weltweiten Wettbewerb entscheidende Vorteile. Digitale Technologien ermöglichen Effizienzsprünge auch in der Schulung von Mitarbeitern.

Ein gutes Beispiel dafür ist auf dem Audi Summit zu sehen: die Schulung in der Logistik mittels Virtual Reality. Bisher lernen Logistikmitarbeiter von Audi in aller Welt noch mit echten Bauteilen und Behältern, die dafür in den Trainingscentern bereitstehen müssen. Das kostet viel Platz und Zeit. Überdies gibt es gerade für die CKD-Logistik (Completely Knocked Down) in Ingolstadt noch gar kein Trainingscenter, das die Mitarbeiter in der Anlagentechnik, Software und ihrer Bedienung qualifiziert. Die Gelegenheit für einen neuen Ansatz.

Eine innovative Schulung auf Basis von Virtual-Reality-Brillen fasst die gesamte Trainingsausrüstung für die Logistik dieses Bereichs zusammen. Mit der VR-Brille vermag der Mitarbeiter an jedem beliebigen Ort, eine zuvor programmierte Darstellung seines Logistikarbeitsplatzes zu sehen. Virtuell hat er dabei alle notwendigen Behälter und Bauteile vor sich. Seine Arbeitsmittel kann der Mitarbeiter sogar greifen und bewegen. Dazu hat er zwei Controller in den Händen; sie dienen als Hände in der virtuellen Welt, die der Logistik-Fachmann sehen und bewegen kann.

Die neue Technik spart nicht nur Zeit, Platz und Geld. Sie überwindet auch Distanzen und Sprachbarrieren. Denn die Mitarbeiter in der Logistik haben damit künftig die Möglichkeit, die Arbeitsschritte weltweit zur gleichen Zeit zu trainieren, und das auch miteinander. So kann zum Beispiel ein Beschäftigter in der Logistik Ingolstadt virtuell auch im Werk Mexiko agieren und umgekehrt.

Die Pilotphase im Trainingscenter Ingolstadt hat die Mitarbeiter begeistert. Das positive Feedback führt dazu, dass die neue Technik nun auch für andere Bereiche und in den Werken weltweit eingesetzt wird. Der schnellen Verbreitung des Vorsprungs steht nichts im Weg. Das technische Equipment passt in einen einzigen Reisekoffer.

4.3 Autonome Stapler im Güterverkehrszentrum
Kurz vor dem regulären Einsatz stehen auch schon autonom fahrende Stapler. Der Behältertransport bei Audi erfolgt im Güterverkehrszentrum (GVZ) in Ingolstadt derzeit noch mit gewöhnlichen Staplern, am Steuer sitzen dabei geschulte Mitarbeiter. Die Fahrt ans Hochregallager, die Aufnahme und das Abstellen der Transportbehälter – all das wird vom Fahrersitz aus gesteuert.

Innerhalb des Verpackungsbetriebs für die Kleinteileanlieferung sollen bald autonom gesteuerte Stapler diese Aufgabe übernehmen. Sie verbrauchen weniger Fläche, wickeln den Transport effizienter ab und vermindern das Risiko von Arbeitsunfällen. Diese Vorteile resultieren aus dem Zusammenspiel innovativer Technologien, zum Beispiel einem 3D-Laserscanner für die Navigation und mehreren Sicherheitssensoren. Scanner und Sensoren erzeugen zusammen einen Sicherheitsradius rund um die Stapler.

Die Aufgabenstellung für den Testlauf bei Audi besteht aus mehreren Teilen: Der autonome Stapler soll die Behälter, sogenannte Großladungsträger (GLT), selbstständig in ein Hochregal stellen und wieder herausnehmen. Als zweiter Schritt erfolgt die autonome Lieferung der Behälter an den jeweiligen Bedarfsort und das Rückführen der Restmengen. Eine große Herausforderung ist dabei die hohe Behältervarianz. Hindernisse auf der Fahrstrecke erkennt der Stapler problemlos und wartet, bis der Weg frei ist. Dann führt er seine Transportaufgabe weiter durch. Erkennt der autonome Stapler ein Problem im Ablauf, alarmiert er eigenständig die beteiligten Stellen über die Art des Problems und leitet Klärungsmaßnahmen ein.

4.4 Parkroboter Ray
Konsequent digital vernetzte Technik ermöglicht zusammen mit autonom fahrenden Systemen auch in der Transportlogistik einen deutlichen Effizienzsprung. Audi hat diesen Abschnitt den Fahrzeugversand per Bahn in Ingolstadt weitgehend automatisiert. Dazu sortiert der elektrisch angetriebene Parkroboter “Ray” jeden Tag bis zu 2.000 Autos, damit sie auf Bahnwaggons verladen werden können.

Aktuell transportieren zehn Parkroboter die Neuwagen aus der Produktion selbstständig bis zur Bahnverladung. Die rund sechs Meter langen und drei Meter breiten Roboter verfügen dazu über eine Lasersensorik. Sie vermisst Position, Länge und Breite eines Automobils und stellt die Hebesysteme darauf ein. Der zentrale Leitstand teilt jedem Roboter einen Platz zu, auf dem er das Auto vorsortiert und mit kürzestem Anfahrtsweg abstellen kann.

Wenn genug Autos für dasselbe Versandziel zusammengekommen sind, stellen die Roboter diese Autos zum Verladen auf die Bahnwaggons bereit. Die fahrerlosen Transportsysteme bewältigen bis zu 8.000 Fahrbewegungen am Tag und legen dabei rund 500 Kilometer zurück. Sogar den Ladestatus hat Ray selbstständig im Blick: Gehen seine Batterien zur Neige, dockt sich der Roboter rechtzeitig an eine Wechselstation an. Eine vollautomatisierte  Batteriewechselstation tauscht innerhalb weniger Minuten die komplette Batterie-Einheit aus.

Ray ist ein Beispiel für Vorsprung durch digital vernetzte Technik, die funktioniert. Ausgezeichnet funktioniert: Audi hat für dieses fahrerlose Transportsystem den VDA Logistik Award 2017 gewonnen.


Die angegebenen Ausstattungen, Daten und Preise beziehen sich auf das in Deutschland angebotene Modellprogramm. Änderungen und Irrtümer vorbehalten.