Mit der Smart Factory macht Audi seine Produktion fit für die Zukunft. Big Data, das Generieren und intelligente Verknüpfen von Daten, sorgt in dieser Zukunftsfabrik für eine datengetriebene und damit hochflexible sowie hocheffiziente Fertigung. Eine Fertigung, in der Audi seine Autos in Zukunft möglicherweise nicht mehr am Fließband, sondern nach einem radikal neuen, disruptiven Konzept produziert: in der Modularen Montage. Über dieses große Projekt hinaus verfolgt Audi viele andere spannende Ansätze für die Produktion der Zukunft – angefangen beim Einsatz von Virtual‑Reality‑Brillen bis hin zum Metall‑3D‑Druck.


Die Modulare Montage
Die Komplexität in der Automobilproduktion steigt: Neue Marktanforderungen, Kundenerwartungen und gesetzliche Rahmenvorgaben verlangen immer mehr nach innovativen Technologien und unterschiedlichen Fahrzeugvarianten – dadurch verliert der feste Takt des Montagefließbands an Effizienz. Je weiter die Zahl der Derivate und Varianten wächst, umso schwieriger wird es, die hohe Komplexität zu beherrschen und neue Abläufe in den starren, sequenziellen Prozess zu integrieren.

Audi will dieser Herausforderung begegnen und entwickelt dafür ein völlig neues Prinzip: die Modulare Montage. Dort ermöglichen kleine, separate Arbeitsstationen hochflexible Arbeitsabläufe – sowohl zeitlich als auch räumlich. Zwischen ihnen übernehmen Fahrerlose Transportsysteme (FTS) den Transport der Karosserien sowie der für die Produktion benötigten Teile. Ein zentraler Rechner steuert die FTS punktgenau – er erkennt den Bedarf jeder einzelnen Station und sorgt so für einen reibungslosen Arbeitsfluss.

Audi geht davon aus, dass die Modulare Montage der Fertigung mindestens 20 Prozent mehr Produktivität bringen wird als das Fließband von heute. Ihr Ersteinsatz erfolgt zunächst zu Testzwecken im ungarischen Motorenwerk in Győr; außerdem ist der Einsatz bei zwei weiteren Projekten geplant. Derzeit erarbeitet und erprobt das vor wenigen Monaten gegründete Start‑up-Unternehmen „arculus“ die zentralen Prinzipien dieses neuartigen Produktionssystems.


Das Technikum Fertigungsassistenzsysteme
Die für die Modulare Montage benötigten neuen Fahrerlosen Transportsysteme (FTS) entstehen in der Abteilung „Technologieentwicklung Fertigungsassistenzsysteme“ von Audi. Die kleine Abteilung hat dazu zwei Fahrzeugtypen entwickelt: Der eine verkehrt rechnergesteuert, der andere fährt autonom auf einer definierten Strecke. Drei Onboard‑Laserscanner ermöglichen es dem FTS, sich zu orientieren und mögliche kritische Situationen zu erkennen und somit von vornherein zu vermeiden. Die Navigationssoftware hat Audi selbst geschrieben. Sie basiert auf Automotive Software und Automotive‑Software‑Entwicklungsprozessen.

Es ist die Kernaufgabe des Technikums Fertigungsassistenzsysteme, sich mit neuen Produktionstechnologien in frühen Entwicklungsstadien zu beschäftigen. Neben dem Thema „FTS“ treibt es derzeit vier weitere Projekte voran. Dabei geht es um eine sichere Zusammenarbeit von Mensch und Maschine im gleichen Arbeitsraum, um Montagetische mit Assistenzfunktionen und um neuartige Roboter: einen flexiblen Greifer und einen speziellen Leichtbauroboter.


Das Audi Production Lab
Auch das Audi Production Lab, kurz P‑Lab genannt, entwickelt und betreut innovative Projekte für die Fertigung – oft schon von der ersten Idee an. So hat die Abteilung mit derzeit fünf festen Mitarbeitern bereits einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, Innovationen wie den Metall‑3D‑Druck, die Mensch‑Roboter‑Kooperationen, die FTS oder den Einsatz von Augmented Reality bei Audi in Richtung Serieneinsatz zu bringen.

Unter den Projekten, die zurzeit im P‑Lab laufen, befinden sich zwei Big‑Data‑Projekte. Das eine fokussiert die frühzeitige Erkennung von Fehlern bei Schraubvorgängen, das andere den Teilefluss in der internationalen Logistik für die CKD‑Werke (CKD = Completely Knocked Down). Ein weiteres Kernthema im Audi Production Lab sind Datenbrillen. Sie können die Mitarbeiter in der Produktion, die Planer und Ingenieure in der Fabrik der Zukunft gezielt unterstützen – mit Assisted Reality, Augmented Reality und Virtual Reality.


Der Werkzeugbau
Im Audi‑Werkzeugbau sind mehrere Zukunftsprojekte auf dem Weg. Die neue Generation von Presswerkzeugen folgt im Aufbau Strukturen aus der Natur. Viele Einbauteile bestehen aus Aluminium und Kunststoff. Dadurch sinkt das Gewicht der Werkzeuge, die bislang maximal 45 Tonnen wiegen, um bis zu 20 Prozent. Der benötigte Energieeinsatz geht um etwa zehn Prozent zurück. Die Folge: Die Präzision beim Umformen der Blechplatinen steigt.

Das Presswerk, in dem die Werkzeuge zum Einsatz kommen, nutzt modernste Messtechnologien. Das Ziel ist, für jedes Blechteil eine durchgängige Datenkette aufzubauen. Diese Datenkette beginnt schon beim Stahl‑bzw. Aluminiumlieferanten. Auch so steigert Audi seine Präzision einmal mehr.

Um das hohe Qualitätsniveau in der zusammengebauten Karosserie zu sichern, finden die Teile einer Audi‑Karosserie schon lange vor dem Produktionsstart zum ersten Mal zusammen – als Datensätze am Rechner im Ingolstädter Werkzeugbau. Diese sogenannte virtuelle Fügeanalyse, die auf exakten optischen Messungen beruht, spart viel Zeit und Arbeit.

Ein weiteres Aufgabenfeld des Audi‑Werkzeugbaus ist die Fernwartung. Als zentrale Support‑Drehscheibe betreut das Fernwartungsportal viele technische Anlagen an den globalen Audi‑Standorten. Falls in irgendeiner Anlage Probleme auftreten, können sich Experten über eine sichere Verbindung aufschalten und online Abhilfe schaffen.

Im neu gegründeten Metall‑3D‑Druck‑Zentrum der Audi‑Produktion, das im Ingolstädter Werkzeugbau angesiedelt ist, realisiert Audi wertvolle Synergien: Spezialisten aus dem Werkzeugbau und dem Gießerei‑Technikum der Produktionsplanung befassen sich dort intensiv mit Metalldruck. Mittelfristig hat diese Technologie das Potenzial, sich im Serieneinsatz zu etablieren. Aus Metallpulver entstehen hier im Laserschmelzverfahren komplexe Stahl‑und Aluminiumteile, die sonst kaum oder gar nicht zu realisieren wären. Das Metall‑3D‑Druck‑Zentrum entwickelt diese wichtige Technologie weiter. Bereits heute entstehen bei Audi Teile für Serienwerkzeuge im Metall‑3D‑Drucker. Künftig sind auch gedruckte Fahrzeugkomponenten für die Kleinserie denkbar.


Die Logistik
In der Logistik gilt es, die für die Produktion benötigten Materialien stets pünktlich, in Topqualität und flexibel bereitzustellen. Dort arbeitet Audi gezielt am Einsatz neuer automatisierter Transportsysteme, die sich dank Laserscannern selbstständig orientieren. Im Güterverkehrszentrum (GVZ), das unmittelbar an das Audi‑Stammwerk in Ingolstadt angrenzt, sind Versuche mit Transportsystemen wie autonomen Staplern und Fahrerlosen Flurförderzeugen (FFFZ) bereits im Gang, 2017 soll der Serienbetrieb starten.

Eine Ergänzung zu diesen neuen Transportsystemen könnten Transportdrohnen sein – sie sind in der Lage, dringend benötigte Teile in kürzester Zeit auf dem Luftweg ans Fertigungsband zu bringen. Vor Kurzem hat Audi im Werk Ingolstadt an einem arbeitsfreien Tag erfolgreiche Testflüge unternommen. Der Sicherheit galt dabei größtes Augenmerk. Weitere Versuche im laufenden Produktionsbetrieb sollen folgen.

Gerade in der Logistik besitzen Big‑Data‑Anwendungen besonders großes Potenzial. Am Audi‑Standort Neckarsulm hat ein interdisziplinäres Projektteam nun damit begonnen, Daten aus allen logistikrelevanten Bereichen – von Lieferanten über den Straßenverkehr bis zur gesamten Wertschöpfungskette der Produktion – miteinander zu vernetzen und zu analysieren. In einer ersten Anwendung geht es darum, dass die beauftragten Spediteure die Autos im Werk genau dann abholen, wenn sie fertig sind. Das minimiert Standzeiten und den Platzbedarf auf den Abstellflächen.

Die Logistik ist ein faszinierendes Gewerk – die neue App „Audi Logistik Challenge“ macht ihr Kerngeschäft auch für Laien erlebbar. Audi hat das Spiel für Smartphones und Tablets selbst entwickelt. Die „Audi Logistik Challenge“ steht noch in diesem Jahr im App Store (iOS) und im Play Store (Android) zum Download bereit.