Expressdrohnen: durch die Luft geliefert

Als fliegende Kamerastative sind sie nicht mehr wegzudenken: Multirotor-Drohnen. Sie liefern faszinierende Bilder aus der Vogelperspektive. Auch zu Versorgungsflügen in unzugängliche Gebiete brechen die unbemannten Flugobjekte häufig auf. Audi testet derzeit einen weiteren interessanten Einsatzzweck: den automatisierten Teiletransport in den Werkhallen.

Die Verkehrsinfrastruktur in einem gewachsenen Automobilwerk mit langer Tradition befindet sich nicht selten nah an der Belastungsgrenze, für zusätzliche Verkehrswege fehlt in den meisten Fällen schlichtweg der Platz. Bei Audi in Ingolstadt wird der Großteil des Warentransports in der Serienproduktion über flurgebundene Förderfahrzeuge abgewickelt; diese bringen die Bauteile zu vorgegebenen Zeiten an den jeweils gewünschten Ort. Doch das etablierte System hat Grenzen: Im seltenen Fall einer Nachbestellung, dem sogenannten Eilabruf, kann es unter Umständen zu längeren Wiederbeschaffungszeiten kommen. Der direkte Weg durch die Luft wäre in diesem Fall eine schnelle Alternative.

Bisher hat Audi den Luftraum in den Produktionshallen noch nicht für Transportzwecke genutzt – das könnte sich bald ändern. Seit einigen Monaten erproben die Logistiker den Nutzen von Transportdrohnen für den automatisierten Teiletransport in den Werkhallen. Anfang September 2016 war erstmals eine Drohne für den Transport von Bauteilen in der Audi‑Fertigung unterwegs – auf Testflügen, an einem produktionsfreien Tag.

Die definierte Versuchsstrecke der elektrisch angetriebenen UAV (unmanned aerial vehicles) führte dabei größtenteils geradeaus durch die Halle der Audi A3‑/Q2-Produktion. Sie enthielt aber auch eine Richtungsänderung nach rechts und zwei nach links. Die eingesetzten Drohnen – mit vier aus Sicherheitsgründen eingehausten Rotoren – führten die zuvor programmierten Flugmanöver ohne Probleme durch.

Unter normalen Voraussetzungen und unter freiem Himmel mit einem stabilen GPS‑Signal wären die kurzen Flüge keine große technische Herausforderung. In der Halle eines Automobilwerks sieht das etwas anders aus. Hier herrschen strenge Sicherheitsregeln, darüber hinaus stellen die beteiligten Fachbereiche (Logistik, Montage, Arbeitssicherheit) unterschiedliche Anforderungen an die Lieferungen aus der Luft.

Die ersten Tests und alle Flugmanöver haben speziell geschulte Piloten per Fernsteuerung durchgeführt. Bei der Orientierung half eine neue intelligente Sensorik, die gerade speziell für die Bedürfnisse der Automobilindustrie entwickelt wird. Die Fluggeschwindigkeit der Drohne orientiert sich zunächst am Tempo konventioneller Flurförderfahrzeuge: 2,2 Meter pro Sekunde.

Die Smart Factory wird bei Audi Schritt für Schritt Realität. Weitere Testreihen im laufenden Produktionsbetrieb sollen schon bald neue Erkenntnisse über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Drohnen bringen. Neben dem Transport eilig benötigter Bauteile, dem Einsatz bei kamerabasierten Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten oder einer „Follow me“‑Funktion für Lkw auf dem Werkgelände wäre als weiteres Szenario auch der Hochgeschwindigkeitstransport von eilig benötigten Utensilien denkbar, beispielsweise eines Defibrillators bei Erste-Hilfe-Einsätzen.


Big Data @ Fabriksteuerung: Predictive Yard Management

Wie lässt sich die Steuerung einer Fabrik mithilfe von Daten optimieren? In der Audi‑Logistik am Standort Neckarsulm geht ein interdisziplinäres Projektteam genau dieser Frage nach. Dabei nutzen die Logistiker von Audi eine möglichst große Datenbasis. Neben den Daten von Lieferanten und Spediteuren sowie Stauinformationen stehen dabei auch Daten aus anderen Geschäftsbereichen und der gesamten Wertschöpfungskette der Produktion – bestehend aus Presswerk, Karosseriebau, Lackiererei und Montage – im Fokus. Die Aufgabe der Logistiker: alle vorliegenden Informationen miteinander zu vernetzen, zu analysieren und zu einem sogenannten Data Lake („Datensee“) zusammenfließen zu lassen.

SAP-, Oracle- und Microsoft‑Access‑Datenbanken, dazu schier unzählige Excel‑Tabellen: Die Datenvielfalt bei großen Unternehmen ist unvorstellbar. Bisher pflegte jede Abteilung bei Audi einen eigenen, spezialisierten Umgang mit dem, was künftig unter dem Stichwort „Big Data“ zusammengeführt wird. Um Audi fit für die digitale Produktion zu machen, gilt es, alle Daten nun Stück für Stück miteinander zu vernetzen. Der Rechenaufwand dieses Vorhabens ist enorm: Die Datenbanken mit bis zu 19 Milliarden Zeilen können nur mit spezieller Software gehandhabt und mit entsprechenden Instrumenten ausgewertet werden.

Jedoch erst wenn unterschiedliche Datenquellen intelligent miteinander vernetzt sind, lässt sich ihr Potenzial voll ausschöpfen. Das Fallbeispiel Predictive Yard Management des Projektteams „Big Data @ Fabriksteuerung“ bei Audi zeigt, was mit Daten alles möglich ist. Das Projektteam aus Neckarsulm ist auf eineinhalb Jahre angelegt und soll sich bis dahin mit unterschiedlichen Projekten befassen. Dabei zählt der Start‑up‑Gedanke: Nicht jede aussichtsreiche Idee muss zum Erfolg führen, auch Scheitern ist erlaubt.


Die Ausgangslage: Die Fläche füllt sich
Sobald ein Audi fertig produziert ist, erhält er den Status „ZP8“ (ZP =Zählpunkt) und wird auf einer freien Stellfläche zwischengelagert. Das geschieht nach einer klaren Logik: Je nach Bestimmungsort parken die Autos für die Verladung in einer Reihe auf einer definierten Spur. Sobald eine solche Reihe komplett mit Neuwagen gefüllt ist, bekommt der Spediteur den Auftrag: „Bitte abholen und ausliefern!“ Das Speditionsunternehmen lädt die bis zu sieben Autos auf und beginnt mit der Fahrt an den jeweiligen Zielort.


Das Problem: Warten auf den Spediteur
Erst wenn eine Reihe auf der Abstellfläche komplett mit Neufahrzeugen gefüllt ist, wird das Speditionsunternehmen mit der Abholung beauftragt. Der bisherige Prozess führt dadurch zu Standzeiten von durchschnittlich 1,6 Arbeitstagen – und damit zu einem hohen Flächenbedarf in den Werken.


Die Idee: Vorhersage des Abholzeitpunktes
Die Standzeiten der Neufahrzeuge können deutlich reduziert werden, wenn die Spediteure schon mehrere Stunden vor der Füllung einer Reihe ihren Auftrag erhalten. Big Data erweist sich hier als große Hilfe: Durch eine Verknüpfung von fahrzeugspezifischen Informationen aus der Fertigung (Wie lange dauert die Herstellung des spezifischen Modells noch?) mit den Echtzeit‑Statusinformationen der Versandzone (Wie viele Autos mit dem identischen Zielort stehen bereits in einer Reihe?) können Mitarbeiter die Auslastung der Reihen statistisch prognostizieren. Auf Basis dieser Daten kann die Disposition der Neufahrzeugtransporter bereits früher erfolgen.


Die Zukunft: Abholung auf die Minute genau
Der Tieflader für den Abtransport der Neufahrzeuge macht sich künftig also schon auf den Weg ins Werk, wenn sich das letzte Auto (oder die letzten Autos) einer Reihe noch im Fertigungsprozess befindet. Im Optimalfall rangiert der Lkw exakt zu dem Zeitpunkt an die Reihe, zu dem der neue Audi den Status „ZP8“ erhält und auf den letzten noch freien Platz der Stellfläche fährt.

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass ein Auto nicht zur vorhergesagten Zeit fertig ist und ein Stellplatz in der Reihe frei bleibt, würde der Lkw trotzdem auf seine Tour gehen. Der Vorteil der dauerhaften Flächeneinsparung durch eine geringere Standzeit überwiegt deutlich gegenüber dem Risiko einer fallweise unausgelasteten Transportkapazität.


Stapler und Routenzüge: autonom unterwegs durchs Werk

Die Herausforderungen in der Audi-Logistik sind vielfältig. Im Vordergrund steht die Aufgabe, Materialien für die Produktion pünktlich und in bester Qualität bereitzustellen. Bei möglichst geringen Prozesskosten soll dabei ein Höchstmaß an Prozessqualität und Sicherheit erzielt werden. Eine große Chance bieten hier automatisierte Transportsysteme, die bei Audi derzeit zu ersten Versuchsfahrten unterwegs sind. Ab Januar 2017 fahren sie im Serienbetrieb.

Automatisierte Transportsysteme der neuesten Generation sind sicher und universell einsetzbar – auch in bereits bestehenden Strukturen und Prozessen. Denn anders als herkömmliche Automatisierungstechnik können sie sich flexibel an sich ändernde Rahmenbedingungen anpassen und mit dem Audi‑Produktionssystem vernetzen – eine wichtige Grundlage für den nächsten Schritt hin zur smarten Logistik in der Audi‑Fabrik der Zukunft.


Autonome Stapler im GVZ
Der Behältertransport bei Audi erfolgt im Güterverkehrszentrum (GVZ) in Ingolstadt derzeit noch mit gewöhnlichen Staplern, am Steuer sitzen dabei geschulte Mitarbeiter. Die Fahrt ans Hochregallager, die Aufnahme und das Abstellen der Transportbehälter – all das wird vom Fahrersitz aus gesteuert.

Nun plant Audi, innerhalb des Verpackungsbetriebs für die Kleinteileanlieferung autonom gesteuerte Stapler einzusetzen. Das bringt einige Vorteile mit sich: weniger Flächenverbrauch, effiziente Transportabwicklung oder auch ein vermindertes Risiko von Arbeitsunfällen. Diese Vorteile resultieren aus dem Zusammenspiel innovativer Technologien, zum Beispiel einem 3D‑Laserscanner für die Navigation und mehreren Sicherheitssensoren. Scanner und Sensoren erzeugen zusammen einen 360‑Grad‑Sicherheitsradius um die Stapler.

Die Aufgabenstellung für den Testlauf bei Audi besteht aus mehreren Teilen: Der autonome Stapler soll die Behälter, sogenannte Großladungsträger (GLT), selbstständig in ein Hochregal stellen und wieder herausnehmen. Als zweiter Schritt erfolgt die autonome Lieferung der Behälter an den jeweiligen Bedarfsort und das Rückführen der Restmengen. Eine große Herausforderung ist die hohe Behältervarianz. Hindernisse auf der Fahrstrecke erkennt der Stapler problemlos und wartet, bis der Weg frei ist. Dann führt er seine Transportaufgabe weiter durch. Erkennt der autonome Stapler ein Problem im Ablauf, alarmiert er eigenständig die beteiligten Stellen über die Art des Problems und leitet Klärungsmaßnahmen ein.


Steckbrief: Autonomer Stapler
Typ: Automatisierter Schubmaststapler Typ FM-X 12 von STILL
Lastaufnahmemittel: Gabel
Hubhöhe: fünf Meter
Traglast: eine Tonne
Navigation: Lasernavigation über fest installierte Reflektoren
Fahrgeschwindigkeit: 1,5 Meter pro Sekunde
Sicherheitssysteme: Sicherheitsscanner (zwei vorn, einer hinten), Audi Safety Spot, akustisches/visuelles Warnsignal, Notausschalter


Fahrerlose Flurförderzeuge im GVZ
Künftig fertigt Audi die Cockpitmodule der Modelle Audi A4 und Audi A5 in der neuen Halle B des Ingolstädter Güterverkehrszentrums (GVZ). Dort kommen erstmals sogenannte Fahrerlose Flurförderzeuge (FFFZ) zum Einsatz, die sich mittels geeigneter Sensorik und Steuerungsalgorithmen in ihrer Umwelt lokalisieren und automatisch fortbewegen.

Die FFFZ sind dank fortschrittlicher Technologie flexibel in unterschiedlichen Hallen und Routen einsetzbar. Denn sie benötigen keine künstlichen Landmarken und Leitspuren wie im Boden eingelassene Induktionsschleifen, Magnetraster oder aufgeklebte optische Fahrspuren. Die FFFZ vermessen mit Laserscannern markante Orientierungspunkte in ihrer Umgebung, etwa Hallenwände, Säulen oder Lagerregale. Per Abgleich mit einer digitalisierten Umgebungskarte bestimmen sie so ihre Position und navigieren mit hoher Genauigkeit auf frei programmierbaren Routen.

Zudem überwachen die Fahrerlosen Flurförderzeuge mithilfe von Laserscannern die Fahrwege vorausschauend und werten darüber hinaus die Sicherheitssysteme der angehängten Trailer aus. So werden mögliche Kollisionen mit Personen oder Hindernissen vermieden. Im Verbund mit weiteren Sicherheitssystemen wie dem Audi Safety Spot, der beim Rückwärtsfahren ein grafisches Warnsignal auf den Boden projiziert, optischen und akustischen Zeichen, einem Fahrtrichtungsanzeiger oder Notausschaltern operieren FFFZ sicher im allgemeinen Verkehrsbereich. Abgeschlossene Bereiche für Fahrerlose Flurförderzeuge sind damit unnötig.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Fahrerlosen Transportsystemen haben FFFZ den Vorteil, dass sie auf bewährten Flurförderzeugen aufbauen. Standardequipment wie Anhänger, vorhandene Strukturen und Transportrelationen lassen sich in der Regel ohne große Anpassungen übernehmen.

Durch das Vernetzen der FFFZ mit einer zentralen Leitsteuerung und das Koppeln an das Audi‑Produktionssystem erreicht Audi mehr Effektivität bei Verkehrssteuerung und Materialhandling.


Steckbrief: Fahrerloses Flurförderzeug
Typ: Automatisierter Schlepper Typ EZS 350aXL von Jungheinrich
Lastaufnahmemittel: Anhängerkupplung
Anhängelast: 5.000 Kilogramm
Navigation: Laserscanner; Umfeldnavigation ohne Reflektoren
Fahrgeschwindigkeit: sechs Kilometer pro Stunde abgeregelt (zulässige Geschwindigkeit in der Audi‑Produktion)
Sicherheitssysteme: Geschwindigkeits‑ und kurvenabhängige Laser‑Warn‑ und –Schutzfeldüberwachung, Seiten‑ und Höhenüberwachung, Audi Safety Spot, visuelle/akustische Warnsignale, Notausschalter


Logistik‑App: im perfekten Takt spielen

Die Komplexität einer Autofabrik auch für Laien sichtbar und erlebbar machen, das schafft die neue App „Audi Logistik Challenge“. Das von Audi entwickelte Spiel für Smartphones und Tablets (iOS und Android) präsentiert damit das Thema „Logistik“ auf eine völlig neue Art und Weise: Gefragt sind eine gute Übersicht, schnelle Entscheidungen, Problemlösungen sowie ein gutes Timing – kurz: alle Grundvoraussetzungen eines funktionierenden Automobilwerks.

Jeder Audi ist vom Kunden individuell konfigurierbar – bis ins kleinste Ausstattungsdetail. Das Resultat: eine kaum vorstellbare Variantenvielfalt. Die einzelnen Produktionsschritte in einem Automobilwerk sind dadurch jeden Tag ein bisschen anders. Auch die Materialflüsse unterscheiden sich Tag für Tag. Damit diese ständig wechselnden Anforderungen steuerbar bleiben, legt Audi die Reihenfolge des Fahrzeugflusses in der Produktion exakt fest. Am Standort Neckarsulm geschieht dies sechs Tage im Voraus. So garantiert Audi, dass die richtigen Teile in der richtigen Reihenfolge und zum passenden Zeitpunkt an den einzelnen Montageplätzen bereitliegen.

Was nach einem Lehrbuchtext für Logistiker klingt und sich in der Theorie nachvollziehbar anhört, wird für die Spieler der „Audi Logistik Challenge“ zu einer echten Herausforderung. Alle Teile müssen per Fingerzeig gefertigt, montiert, zwischengelagert und im richtigen Farbton lackiert werden. Gleichzeitig darf der Spieler die Lieferanten ebenso wie das Rückführen des Leerguts nicht aus den Augen verlieren.

Über die 40 Levels steigt der Schwierigkeitsgrad des Spiels stetig an. Der Spieler lernt dabei spielerisch Fachbegriffe aus der Welt der Logistik kennen, ein Glossar liefert zusätzliche Hilfestellung. Nach kurzer Zeit wird der App‑Nutzer so zum echten Logistikprofi und weiß, was Begriffe wie Supermarkt, Perlenkette oder Versorgungsgüte im Logistikkontext bedeuten. Selbst die rätselhaften Abkürzungen AKL (Automatische Kleinladungsträgerlager) oder JIS (Just In Sequence) gehen dem Spieler der „Audi Logistik Challenge“ schon nach kurzer Zeit locker von den Lippen.

Wie in einem echten Automobilwerk führt auch in der App das Fehlen wichtiger Bauteile zum Stillstand der Bänder. Die sogenannten Job‑Stopper‑Teile müssen zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt eingebaut oder montiert werden. Dazu zählen beispielsweise die Leitungssätze, die für das Funktionieren der Elektronik im Auto verantwortlich sind.

Logistiker wissen: Nur die perfekte Synchronizität zwischen Material‑ und Fahrzeugfluss ermöglicht das termingerechte Fertigstellen und Ausliefern eines neuen Autos. Da unterscheidet sich die virtuelle „Audi Logistik Challenge“ nicht von der Realität. Die App steht noch in diesem Jahr im App Store (iOS) und im Play Store (Android) zum Download bereit.