Audi treibt die Elektrifizierung seiner Autos konsequent voran – auch unterhalb der neuen Hochvolt-Modelle. Die neuen Mild-Hybride werden auf breiter Front in die Modellpalette einziehen – in zehn Jahren wird Audi außerhalb der e-tron-Palette alle neuen Modelle mit dieser Technologie anbieten. Das aktuelle 12‑Volt-Bordnetz und vor allem das neue 48‑Volt-Netz bieten viele Möglichkeiten, das Fahren noch sportlicher, komfortabler und effizienter zu machen.
Mild-Hybrid für Einsteiger: Hohe Antriebseffizienz auf 12‑Volt-Basis
Audi bietet für jedes neue, elektrifizierte Modell eine maßgeschneiderte Lösung. Schon mit dem bestehenden 12‑Volt-Bordnetz lässt sich ein sehr effizienter Mild-Hybrid realisieren. Seine wichtigsten Bausteine sind eine Lithium-Ionen-Batterie mit 11 Ah Kapazität und ein Riemen-Starter-Generator, der zugleich als Anlasser dient.
Der Riemen-Starter-Generator macht neue Funktionen möglich. Die Start-Stopp-Phase kann schon bei etwa 15 km/h Restgeschwindigkeit beginnen. Wenn der Fahrer bei höherem Tempo vom Gas geht, segelt das Auto für kurze Zeit mit deaktiviertem Motor. Mit maximal 5 kW ist die Rekuperationsleistung erheblich –zusätzlich kann der Generator den Verbrennungsmotor mit bis zu 1 kW unterstützen. Dadurch lässt sich der TDI oder TFSI näher an seinem idealen Lastpunkt betreiben. Dementsprechend hat der Riemen-Starter-Generator auf 12‑Volt-Basis das Potenzial, den Verbrauch bis zu 0,4 Liter pro 100 Kilometer zu senken.
Mehr Power, mehr Rekuperation: Das 48‑Volt-Bordnetz
Noch attraktiver wird diese Technologie mit dem neuen 48‑Volt-Teilbordnetz, das bei Audi unmittelbar vor dem Serienstart steht. Die Lithium-Ionen-Batterie hält hier 10 Ah Stromkapazität bereit, der Riemen-Starter-Generator leistet jedoch 12 kW, die Verbrauchseinsparung kann dabei bis zu 0,7 Liter pro 100 Kilometer betragen. Mit 48 Volt lassen sich die gleichen Mild-Hybrid-Funktionen darstellen wie mit 12 Volt, aber in erhöhtem Umfang – die Segelphase mit ausgeschaltetem Verbrennungsmotor beispielsweise kann bis zu 30 Sekunden dauern.
Über die Hybridisierung hinaus bietet das 48‑Volt-Netz, das Audi innerhalb des Volkswagen-Konzerns federführend entwickelt, weitere zahlreiche Vorteile. Seine höhere Spannung lässt viel geringere Leitungsquerschnitte zu, was das Gewicht des Kabelsatzes ebenso verringert wie die Verlustleistung. Vor allem aber kann es viermal so viel Leistung bereitstellen wie das 12‑Volt-Netz, damit macht es völlig neue, attraktive Technologien für Antrieb und Fahrwerk möglich.
Fahrspaß-Technologie: Der elektrisch angetriebene Verdichter
Eine dieser neuen Lösungen ist der elektrisch angetriebene Verdichter (EAV); Audi hat ihn bereits in verschiedenen Technikstudien vorgestellt. Der EAV sitzt in einem Bypass in der Ansaugstrecke hinter dem Ladeluftkühler und wird über eine Klappe aktiviert. Er ist seriell hinter den Abgasturbolader geschaltet und unterstützt ihn immer dann, wenn ihm das Abgas zu wenig Energie für einen spontanen Drehmomentaufbau bereitstellt.
Statt des Turbinenrads integriert der elektrisch angetriebene Verdichter eine kleine E‑Maschine, die das Verdichterrad in etwa 250 Millisekunden mit zirka 7 kW Leistung auf sehr hohe Drehzahlen beschleunigt. Der Motor baut seine Kraft stets ohne wahrnehmbare Verzögerung auf, ob beim Anfahren oder beim Gas geben bei niedrigen Drehzahlen. Der EAV erspart viele Rückschaltungen und hält dadurch das Drehzahlniveau niedrig. Sportliche Fahrer werden die Überhol-Power und die spontane Kraftentfaltung am Kurvenausgang schätzen.
Der EAV eignet sich für viele Modellreihen von Audi, für Diesel- wie Benzin-Aggregate gleichermaßen. Auf dem TDI-Sektor wird er in naher Zukunft in die Serie einziehen. Hier und auch bei den TFSI-Aggregaten wird Audi den Einsatz des EAV auf die Sechs- und Achtzylinder konzentrieren.
Ganz neue Lösungen: 48‑Volt-Systeme im Fahrwerk
Auch beim Fahrwerk macht die neue Spannungslage attraktive Technologien möglich. In Kürze bringt Audi die erste von ihnen in die Serie – die elektromechanische aktive Wankstabilisierung (eAWS). Hier trennt eine kompakte E‑Maschine mit einem dreistufigen Planetenradgetriebe die beiden Hälften des Stabilisators voneinander.
Bei ruhiger Fahrt sind sie voneinander entkoppelt, das erlaubt exzellenten Abrollkomfort. Wenn die Gangart sportlicher wird, werden die Rohre zusammengeschaltet und gegeneinander verdreht. Mit je 1,5 kW Peakleistung bringen die E-Maschinen stufenlos bis zu 1.200 Nm Moment auf. Der Effekt ist ein straffes, sportliches Handling: Das Auto rollt in den Kurven weniger, die Tendenz zum Untersteuern geht weiter zurück, die Querbeschleunigung steigt. Der vordere und der hintere Stabilisator lassen sich voneinander unabhängig regeln. Dadurch kann das Steuergerät das Handling auf Wunsch noch sportlicher machen.
Eine weitere Stärke des Systems ist die Rekuperation. Wenn die Räder einer Achse auf Unebenheiten unterschiedlich stark einfedern, regen sie den Stabilisator an – jetzt arbeitet sein Motor als Generator und wandelt den Impuls in elektrische Energie um. Dank dieses Effekts muss die eAWS nur wenig Leistung aufbringen. Bei verhaltener Gangart auf einer sehr holprigen Piste kann der Bedarf sogar gegen null gehen.
Im Vergleich mit konventionellen hydraulisch geschalteten Stabilisatoren bietet das 48‑Volt-basierte System von Audi große Vorteile. Es kann mehr Kraft aufbringen, es arbeitet schneller und effizienter, und es wird schon bei niedrigem Tempo aktiv. Mangels Öl ist die eAWS zudem wartungsfrei und umweltfreundlich.
eROT: Elektromechanische Dämpfer gewinnen Energie zurück
Ein zweites 48‑Volt-Projekt, mit dem Audi im Fahrwerk Energie zurückgewinnt, befindet sich noch im Prototypen-Stadium. Es trägt den Arbeitstitel eROT – ein elektromechanischer Rotationsdämpfer ersetzt den heutigen hydraulischen Dämpfer.
Im Grundprinzip ist eROT mit dem eAWS verwandt: Ein starker Hebelarm nimmt die Kräfte auf, die bei sportlicher Fahrweise und auf Unebenheiten am Radträger wirken. Über ein Getriebe überträgt er sie auf eine E‑Maschine, die sie in Strom umwandelt. Die Rekuperationsleistung beträgt auf deutschen Straßen im Schnitt 150 Watt – von 3 Watt auf einer frisch asphaltierten Autobahn bis 613 Watt auf einer Kreisstraße in schlechtem Zustand. Das entspricht einer CO2‑Ersparnis von drei Gramm pro Kilometer im Kundenfahrbetrieb.
Das eROT-System spricht schnell und mit geringen Trägheiten an. Es dient der Energierückgewinnung und fungiert als aktiv regelbarer Stoßdämpfer. Dabei löst es die wechselseitige Abhängigkeit von Zug- und Druckstufe auf, die die heutigen hydraulischen Dämpfer in ihrer Wirkung einschränkt. Mit eROT kann Audi die Druckstufe komfortabel-weich auslegen, ohne Abstriche bei der gewünschten Zugstufendämpfung machen zu müssen. Ein weiterer Vorteil ist die horizontale Lage des Systems – der Entfall der aufrecht stehenden Dämpfer macht neuen Bauraum nutzbar.
Stufenplan: Der Elektrifizierungsbaukasten von Audi
In etwa zehn Jahren wird Audi alle neuen Modelle – mit Ausnahme der e-tron-Palette auf Hochvolt-Basis – mit den neuen Mild-Hybridisierungsumfängen ausrüsten. Für den Weg dorthin gilt ein Stufenplan. 2016 startet das 48‑Volt-Teilbordnetz in einem neuen Modell, das auch den elektrisch angetriebenen Verdichter sowie die elektromechanisch aktive Wankstabilisierung an Bord haben wird. Die erhöhte Spannungslage dient vor allem Dynamik und Fahrspaß. Der Generator arbeitet noch auf 12‑Volt-Basis, ein DC/DC-Wandler verbindet das 12‑Volt-Netz und das 48‑Volt-Teilbordnetz miteinander.
Die nächste Ausbaustufe ist für 2017 geplant, wenn der Mild-Hybrid auf 48‑Volt-Basis eingeführt wird. Das 12‑Volt-Netz ist nun über einen leistungsfähigen DC/DC-Wandleran das 48‑Volt-Netz angekoppelt, das jetzt zum Haupt-Bordnetz avanciert und von einem 48‑Volt-Riemen-Starter-Generator gespeist wird. Der dafür notwendige Lithium-Ionen-Akku ist in etwa so groß wie eine große Bleibatterie. Für das Thermomanagement genügt eine Luftkühlung. Etwa gleichzeitig folgt der Mild-Hybrid auf 12‑Volt-Basis.
Mittelfristig will Audi Nebenaggregate wie Pumpen und Kompressoren für Motor, Getriebe und Klimaanlage auf 48 Volt umstellen. Heute werden sie hydraulisch oder vom Verbrennungsmotor angetrieben – betreibt man sie jedoch elektrisch, lassen sie sich noch besser nach Bedarf steuern und würden zudem leichter sowie kompakter ausfallen. Das Gleiche gilt für große statische Komfort-Verbraucher wie Scheibenheizungen oder Soundanlagen. Kleine Verbraucher wie Steuergeräte oder Leuchten bleiben hingegen auch langfristig im 12‑Volt-Netz.
Die angegebenen Ausstattungen und Daten beziehen sich auf das in Deutschland angebotene Modellprogramm. Änderungen und Irrtümer vorbehalten.