zFAS – Rechenpower, Vernetzung und Informationsverarbeitung
Herzstück der Systeme für das pilotierte Fahren, die Audi entwickelt, ist das zentrale Fahrerassistenzsteuergerät (zFAS). Das Mastermind hat seine Premiere im neuen Audi A8.

Bisher erfolgte das Management der Fahrerassistenzsysteme in räumlich voneinander getrennten Steuergeräten. Als erster Automobilhersteller bündelt es Audi nun in einer zentralen Domänenarchitektur. Dafür wurden Funktionsportfolio, die erforderliche Sensorik, Elektronikhardware und Architektur der Software zu einem Zentralsystem zusammengeführt. Von Beginn an galt dabei vor allem dem Sicherheitskonzept die volle Aufmerksamkeit.

Durch die vielen, im zFAS gebündelten Sensorinformationen errechnet es blitzschnell ein vollständiges Modell der Fahrzeugumgebung und stellt diese Informationen allen Assistenzsystemen zur Verfügung. Damit ist es auch die zentrale Schnittstelle für alle Funktionen des pilotierten Fahrens.

Für seine kompakte Bauweise und gleichzeitig hohe Rechenleistung sind leistungsfähige Elektronikbausteine eine Grundvoraussetzung. Das zFAS – in etwa so groß wie ein Tablet – ist eine Hightech-Rechenzentrale. Audi hat das zFAS zusammen mit international führenden Technologiepartnern entwickelt. Es integriert Hochleistungs-Chips – von NVIDIA den Tegra K1, von Infineon den Aurix und von Altera den Cyclon V –, ergänzt durch den Prozessor EyeQ3 von Mobileye, dem weltweit führenden Unternehmen bei Bildverarbeitungsalgorithmen im Automobil-Bereich. Durch sein modulares Konzept ist das zFAS flexibel skalierbar und dadurch zukunftsfähig.

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen
Künstliche Intelligenz ermöglicht es pilotiert fahrenden Automobilen künftig, in hochkomplexen Situationen angemessen zu reagieren – ähnlich wie ein menschlicher Fahrer oder diesem sogar überlegen. Als Teilgebiet der Informatik beschäftigt sich künstliche Intelligenz damit, Maschinen mit Fähigkeiten auszustatten, die menschlichem Verhalten ähneln. Dies kann zum Beispiel durch maschinelles Lernen (Machine Learning) erreicht werden.

Maschinelles Lernen ist folglich Voraussetzung für künstliche Intelligenz. Grundlage dafür liefern Mathematik und Statistik. In äußerst komplexen Sachverhalten finden Algorithmen selbstständig Muster und Regeln – und treffen darauf basierend Entscheidungen. In jüngerer Vergangenheit hat die Forschung im Bereich künstlicher neuronaler Netze – der Imitation von Signalverbindungen innerhalb des menschlichen Gehirns – große Fortschritte erzielt. Deep Learning bildet die neuronalen Netze des Gehirns auf einem Computer nach. Das setzt eine enorme Rechenleistung und eine umfangreiche Datenbasis voraus. 

Für intelligente und pilotiert fahrende Autos ergeben sich in Zukunft zahlreiche Anwendungsfälle maschinellen Lernens. Deshalb evaluiert Audi unterschiedliche Methoden – etwa Supervised Learning oder Deep Reinforcement Learning – mit dem Ziel, den jeweils optimalen Ansatz für diese Anwendungsfälle zu finden. Dabei arbeitet Audi eng mit den Top-Unternehmen der Softwarebranche sowie führenden Universitäten zusammen. 

Objekt- und Umfelderkennung
Eines der aktuell wichtigsten Anwendungsgebiete des maschinellen Lernens ist die Objekt- und Umfelderkennung. In den Modellen Audi A4, A5, Q5 und Q7 ist die Objekterkennung bereits mit Hilfe von Supervised Learning in der Serie umgesetzt. Dort kommt ein trainiertes System zur Anwendung: Der Lernvorgang ist also bereits abgeschlossen, bevor das Auto in die Produktion geht. 

Auch im neuen Audi A8 kommt Supervised Learning bei der Objekterkennung zum Einsatz. Die vom Technologiepartner Mobileye entwickelte Bildverarbeitung basiert unter anderem auf der Methodik des Deep Learning. Tiefe neuronale Netze werden dabei mit verschiedenen Datensätzen trainiert. Das neuronale Netz lernt so, verschiedene Objekte zu klassifizieren – als Autos, als Radfahrer, als Fußgänger. Die gewonnenen Informationen stehen in der finalen Software den Fahrerassistenzsystemen und denen für das pilotierte Fahren im Auto zur Verfügung. 

Erst dank dieses Verfahrens erkennt der neue Audi A8 auch Freiflächen, also freie befahrbare Bereiche. Das ist eine wichtige Voraussetzung für den neuen Audi AI Staupilot. 

Vorentwicklungsprojekte bei Audi

Audi Q2 deep learning concept: 
Auf der NIPS (Conference and Workshop on Neural Information Processing Systems) in Barcelona zeigte Audi im Dezember 2016 erstmals im Modell-Maßstab, wie ein Auto intelligente Einpark-Strategien entwickelt. Auf einem Feld von 3x3 Metern sucht der Audi Q2 deep learning concept selbstständig eine geeignete Parkbucht in Form eines Metallrahmens und parkt dort ein.

Die Fähigkeit des autonomen Parkens erwarb das Modellauto (Maßstab 1:8) mittels Deep Reinforcement Learning. Dabei lernt das System mit Hilfe der Methode „Versuch und Irrtum“. Zu Beginn wählt das Auto seine Fahrtrichtung nach dem Zufallsprinzip. Ein Algorithmus erkennt die erfolgreichen Aktionen und verfeinert auf diese Weise die Park-Strategie immer weiter. So kann das System schließlich auch schwierige Aufgaben selbstständig lösen.

Die Sensorik des Modellautos besteht aus zwei Monokameras, die nach vorn und hinten gerichtet sind, sowie zehn Ultraschallsensoren rund um das Modell. Ein zentraler Bordrechner setzt ihre Informationen in Steuersignale für Lenkung und Elektromotor um. Auf der Fahrfläche ermittelt das Modellauto im ersten Schritt seine relative Position zum Parkplatz. Sobald es diesen erkennt, berechnet es, wie es sicher zum Ziel gelangt. Dabei rangiert das Modellauto, lenkt und fährt je nach Situation vorwärts oder rückwärts. 

Der „Audi Q2 deep learning concept“ ist ein Vorentwicklungsprojekt der Audi Electronics Venture (AEV), einer Tochter der AUDI AG.

Audi Q7 deep learning concept: 
Ein Beispiel für die Anwendung maschinellen Lernens im Maßstab 1:1 präsentierte Audi im Januar 2017 auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas. Auf einem speziell angelegten, veränderlichen Freiflächenkurs nutzt der Audi Q7 deep learning concept zur Orientierung eine Frontkamera mit zwei Megapixel Auflösung; diese kommuniziert mit einer Recheneinheit vom Typ NVIDIA Drive PX 2, die ihrerseits wiederum die Lenkung hochpräzise betätigt. Das Steuergerät ist mit seiner Leistungsfähigkeit speziell auf Anwendungen des pilotierten Fahrens zugeschnitten.

Als Kern der Software dienen tiefe neuronale Netze, die Experten von Audi und NVIDIA gezielt auf das selbstständige Fahren und das Erkennen dynamischer Verkehrsregelungshinweise trainiert haben. Zu Beginn hat der Audi Q7 deep learning concept in mehreren Runden den Kurs mit einem Fahrer am Steuer und zusätzlicher Trainingskameras kennengelernt. Das System hat einen Zusammenhang zwischen den Reaktionen des Fahrers und den von den Kameras erkannten Ereignissen hergestellt. Dadurch versteht das Auto externe Anweisungen wie ein temporäres Verkehrssignal, kann sie interpretieren und situativ handeln.

Der größte Unterschied zwischen dem Audi Q2 deep learning concept und dem Audi Q7 deep learning concept besteht in der Methode des maschinellen Lernens: Während das 1:8-Modellauto das Einparken mittels Versuch und Irrtum erlernt (Deep Reinforcement Learning), erhält das Netzwerk des Audi Q7 deep learning concept konkrete, für ihn relevante Daten während der Trainingsläufe – es lernt also von einem menschlichen Fahrer (Supervised Learning). Beide Projekte sind wichtige Teile der Forschung zum Thema künstliche Intelligenz bei Audi und illustrieren die Bandbreite dieses Ansatzes. Audi evaluiert und erprobt zudem verschiedene Arten des maschinellen Lernens, um die Technologien gezielt für neue Anwendungen im Bereich des automatisierten Fahrens und der Personalisierung einzusetzen.

Car-to-X-Technologie
Mehr sehen als das menschliche Auge oder die Infrarotkamera – die Car-to-X-Technologie erweitert den Horizont der etablierten Fahrzeugsensorik von Radar, Kamera und Ultraschall um Informationen, die weit entfernt und außerhalb des Sichtbereichs des Fahrers liegen. So lassen sich Gefahrensituationen noch früher erkennen – und Unfälle vermeiden. Bereits heute bietet die Echtzeit-Kommunikation der Autos untereinander und mit der Verkehrsinfrastruktur mehr Sicherheit, Komfort und Effizienz. Als erster Hersteller führt Audi im neuen A8 den leistungsfähigen Mobilfunkstandard LTE Advanced ein. 

„Ampelinformation“: 
Die erste hochvernetzte Serienfunktion des Car-to-X-Bausteins heißt „Time-to-Green“. Im Audi virtual cockpit oder Head-up-Display sieht der Fahrer, ob er im Rahmen der erlaubten Geschwindigkeit die nächste grüne Ampel erreicht. Ist das nicht der Fall, zählt ein Countdown die Zeit bis zur nächsten Grünphase – so kann der Fahrer frühzeitig den Fuß vom Gas nehmen. Denkbar ist in Zukunft auch, dass Audi e-tron-Modelle beim Ausrollen an einer roten Ampel die Bremsenergie verstärkt zum Laden der Batterie nutzen. An einer roten Ampel ermöglicht die Car-to-X-Technologie künftig beim Umspringen auf Grün einen „Kolonnenstart“, bei dem mehrere Autos automatisiert und nahezu gleichzeitig anfahren. Dadurch wird der Durchfluss während jeder Grünphase deutlich erhöht.

Autofahrer sind dank dieser Ampelinformation vorausschauender unterwegs. Das beeinflusst den Verkehrsfluss positiv. In Zukunft lässt sich die Ampelinformation beispielsweise auch mit einer intelligenten Navigation koppeln und für neue Antriebskonzepte nutzen. So könnten „Grüne Wellen“ in die optimale Routenführung einfließen. 

„On Street Parking“: 
Ein weiterer Car-to-X-Dienst ist eine Parkplatz-Suchfunktion, die Audi unter dem Projektnamen „On Street Parking“ entwickelt. Mit Car-to-X-Technologie ausgestattete Autos melden ihre jeweiligen Ein- und Ausparkvorgänge selbstständig an die Server in der Cloud. Die Anwendung registriert Parkmanöver auf Grundlage verschiedener Parameter, beispielsweise an Steuersignalen des Motors, an Fahrstufen¬wechsel, Lenkwinkeleinschlag und Geschwindigkeit.

Mithilfe der Informationen von Ultraschallsensoren oder Kamera erkennt das System freie Parkflächen künftig auch während der Fahrt. Die Anzahl der freien Parkplätze am Straßenrand berechnet es auf Basis statistischer Modelle, die Faktoren wie die jeweilige Tageszeit beachten. In Echtzeit zeigt der Service dem Fahrer die Wahrscheinlichkeit eines freien Parkplatzes an und erleichtert ihm so besonders in Stadtzentren die Suche. Unnötige Zeit für die Parkplatzsuche wird gespart, das entlastet die Straßen.

Zugleich können Emissionen in den Ballungsräumen wirksam reduziert werden. Während heute in der Rush Hour hunderte Autos oftmals bis zu 30 Minuten in Wohngebieten auf Parkplatzsuche kreuzen, lassen sich künftig freie Parkplätze am Straßenrand und in Parkhäusern verlässlich anzeigen. Der nötige Weg beschränkt sich somit auf die direkte Fahrt. Ein einfaches Rechenbeispiel illustriert, wieviel Kraftstoff und gasförmige Emissionen sich dabei einsparen lassen: Ein durchschnittlicher Pkw konsumiert im Stadtverkehr mehr als fünf Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer Strecke. Diese Distanz legt mancher Autofahrer im urbanen Raum jeden Monat auf Parkplatzsuche zurück – in der Summe verbraucht also jedes einzelne Auto mehr als 50 Liter oder eine ganze Tankfüllung pro Jahr. 

Sprachbedienung 
Die nächste Stufe der Sprachbedienung stellt ein Hybrid-Konzept dar. Dieses beantwortet die Fragen des Fahrers auf zwei Wegen. Zum einen nutzt es Erkenntnisse über die Präferenzen des Benutzers, die er onboard gespeichert hat, zum anderen greift es auf das Wissen der Cloud zurück. Darüber hinaus kann der Fahrer seine Fragen oder Anweisungen frei formulieren – der selbstlernende Dialogmanager reagiert, stellt bei Bedarf Rückfragen oder bietet Auswahlmöglichkeiten. Im Dialog mit dem System kann der Fahrer zwischen Menübereichen wechseln. Beispielsweise kann er einen Kontakt aus dem Telefonbuch anrufen und die damit verbundene Anschrift als Navigationsziel übernehmen lassen. Über die Zielsuche hinaus umfasst die neue Hybrid-Sprachbedienung auch die Medien, die Klimatisierung sowie Teile der Telefonfunktionen und einige Audi connect-Dienste. In Europa arbeitet sie grenzüberschreitend. 

Audi Fit Driver
Bereits heute ist jeder Audi mit modernster Technologie ausgestattet und bietet ein Höchstmaß an Komfort und Sicherheit. Als privater Rückzugsort und rundum vernetzter Raum eignet sich ein Auto nicht nur ideal für Fitness-Monitoring, sondern kann auch aktiv die Gesundheit und das Wohlbefinden des Fahrers steigern. Das Projekt Audi Fit Driver macht das Auto zu einem empathischen Begleiter. Es weiß in vielen Situationen, was der Fahrer gerade braucht.

Die Zahl der Nutzer sogenannter Wearables – Fitnessarmbänder oder Smartwatches – wächst stetig. Die Geräte am Handgelenk überwachen wichtige Vitalparameter wie die Herzfrequenz oder die Hauttemperatur. In späteren Ausbaustufen können die Daten des Wearables mit denen der Fahrzeugsensorik kombiniert werden. So lassen sich verlässliche Aussagen über den aktuellen Zustand des Fahrers formulieren – und das Auto kann individuell darauf reagieren. Wenn der zukünftige Audi Fit Driver beispielsweise erhöhten Stress oder Müdigkeit erkennt, stellen sich die Fahrzeugsysteme entspannend, vitalisierend oder auch schützend auf den Fahrer ein. Dank intelligenter Algorithmen lernt das System den Fahrer immer besser kennen.

Audi Fit Driver bietet erstmals die Möglichkeit, im Auto aktiv Stress abzubauen und die Konzentration zu verbessern. Wenn das System eine hohe Belastung des Fahrers feststellt, kann diese mit einer speziellen Atemtechnik reduziert werden. Die Anleitung dafür zeigt das Display als sogenanntes Bio-Feedback im Audi virtual cockpit, ganz ähnlich wie im Leistungssport. Zusätzlich leitet eine Stimme aus den Lautsprechern die Übung an. Egal, ob entspannende Atemübung, belebende Sitzmassage im Rhythmus der Musik, spezielle Klimatisierung, adaptives Infotainment oder passende Interieur-Lichtinszenierung: Das Ziel von Audi Fit Driver ist ein optimal auf den jeweiligen Zustand des Fahrers abgestimmtes Fahrerlebnis, bei dem er am Zielort entspannter aussteigt, als er eingestiegen ist.

In einer späteren Ausbaustufe könnte Audi Fit Driver die Assistenz- und Sicherheitssysteme beziehungsweise Systeme für das pilotierte Fahren mit einbeziehen. In Extremsituationen könnte ein Audi dann einen pilotierten Nothalt durchführen und per eCall-System einen Notruf absetzen.